Krebs. Endstadium. Dabei hat das Leben von Annabel (Mia Wasikowska) doch gerade erst angefangen.
Das Leben von Enoch (Henry Hooper) dagegen, das schien schon einmal zu Ende gewesen zu sein. Er hatte als Kind einen schweren Verkehrsunfall. Am Ende, nach langer Zeit im Koma, hat er dann doch überlebt. Seine Eltern haben es nicht geschafft. Enoch lag so lange im Tiefschlaf, dass er nicht mal zur Beerdigung seiner Eltern konnte. Seitdem hat er jedoch zwei wunderliche Hobbys: Er spielt Schach mit dem ehemaligen Kamikazeflieger Hiroshi (Ryo Kase) – den es allerdings nur im Kopf von Enoch gibt. Zum anderen lungert der junge Mann ständig auf Beerdigungen herum. Er besucht Trauerfeiern von ihm völlig unbekannten Menschen. Ein aufdringliches Hobby, wie andere Menschen finden: Immer öfter wird Enoch von Aufpassern verscheucht. Auf einer dieser Feiern lernen sich Annabel und Enoch eines Tages kennen. Sie stellen fest, dass sie das Leben und die Welt um sich herum sehr ähnlich sehen.
Annabel erzählt Enoch, was mit ihr los ist, dass sie bald sterben wird, und er beschließt, sie in ihren letzten Lebenswochen zu begleiten.
Gus van Sant beschäftigt sich in seinen Filmen immer mit besonderen Menschen: Es sind meist Außenseiter, die in irgendeiner Weise allein sind auf der Welt, die gegen Vorurteile ankämpfen müssen und sich nur unter großen Anstrengungen durchsetzen können. Das war 1991 in „My private Idaho“ so, in „Good Will Hunting“ (1997), „Elephant“ (2003) und in seiner großartigen Biografie über „Milk“ (2008). Nun auch in seinem neuesten Werk. In dem Teenagerdrama „Restless“ treffen sich ein junger Mann auf dem Weg ins Erwachsensein. Ein Jugendlicher, der auf sich allein gestellt zu sein scheint, der sich von allen anderen abschottet. Der fremde Beerdigungen besucht, um den Tod und die verpasste Trauerfeier seiner Eltern zu verwinden. Dazu gesellt sich ein Mädchen auf dem Weg ins Jenseits, aber dennoch fröhlich, das verbleibende Leben anpackend.
„Restless“ hat außerordentlich rührende Momente. Zu sehen, wie Enoch leidet, wie er liebt und loslassen muss, das bricht einem fast das Herz. Gus van Sant erzählt seine Geschichte zwar voller Schwermut, der Lebenswille, den Enoch und Annabel letztlich doch haben – der macht Mut.
8/10
(auch MAZ, 13.10.2011)
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