Pathos und Kammerchor

MAZ – Die Märkische, 24.12.2010

Von allem ein bisschen mehr. Das scheint das Credo der Dresdner Band Polarkreis 18 zu sein. Als die sechs Jungs neulich beim „TV total Turmspringen“ in der Olympiaschwimmhalle in München auftraten, mag sich so mancher die Augen gerieben haben. Zu ihrem Lied „Unendliche Sinfonie“ trugen sie weiße Gewänder und wundersame Masken, dazu ertönte Streichermusik und die Stimmen des Kammerchores Cantamus aus Dresden. Silvester Wenzel spielte auf dem Keyboard, das er hochkant hielt, und irgendwie erinnerte das alles an Modern Talking.

Hauptsache gigantisch, Hauptsache pathetisch. Auf die Dauer nervt das gehörig. Die Musiker stört’s offenbar nicht. Sie stehen zu ihren Songs auf ihrem dritten Album „Frei“. „Unsere Musik ist dann großartig, wenn sie es schafft, dich umzublasen“, sagt Sänger Felix Räuber in einem Interview. „Wenn sie so stark ist wie ein Gewitter. Wenn sie eine unbändige Kraft entwickelt, die dich in ihren Sog zieht.“

Doch die Band übertreibt es mit ihrem ewigen Pathos, aus der unbändigen Kraft wird ein laues Lüftchen. Spätestens beim zehnten Song, wenn die Ohren von der permanent hohen Stimme des Sängers klingeln und sich der Finger gefährlich dem Aus-Knopf nähert. Immer geht es um die ganz großen Gefühle, hier ein Soundeffekt und da noch zwei – akustische Feuerwerke. An die Ohrwurmhymne „Allein Allein“, mit der Polarkreis 18 bekannt wurden, reicht keiner der Songs auf „Frei“ heran.


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