ZAPPER VOR ORT: „Dickes B.“ in Berlin

FR 05.03.2010 | Berlin, rbb-Fernsehzentrum

„Dickes B.“ heißt die Sendung, die einmal pro Monat am Freitagabend im rbb läuft, und sie ist keine Talkshow, sondern ein Showtalk. Das besondere sei, dass durch diverse Aktionen im Studio immer etwas los sei. Dass die Gäste oft auch untereinander ins Gespräch kommen. Dass die Gäste kommen, weil sie spannend sind und nicht, weil sie etwas bewerben wollen.
Als das habe ich am Mittwoch in einem Pressegespräch über das „Dicke B.“ erfahren. Nun war ich live vor Ort im Studio. Und habe eine ganz andere Sendung gesehen als die, von der mir erzählt wurde.

„Dickes B.“ hat miese Einschaltquoten. Auch diesmal waren es nur 60000 mit einem Marktanteil von nicht mal vier Prozent. Und das, obwohl die „NDR Talk Show“, „Kölner Treff“ (WDR) und das „Riverboat“ (MDR-Fernsehen) pausierten.
Wer im Studio sitzt, muss übrigens ganz schön die Ohren spitzen. Die Sendung wird nämlich für das Publikum zu Hause hgemacht und nicht für das Publikum im Studio. Die hören den Ton von der Bühne nur recht leise über Lautsprecher.
Und es ist warm. Unzählige Scheinwerfer erhitzen den großen Raum. Interessant ist es dennoch, das Gewusel der sieben Kameras zu beobachten. Oder auf Zetteln der Assistenten zu erfahren, dass das gerade laufende Gespräch nur noch fünf Minuten zu dauern hat.

Zu Hause jedoch hätte ich „Dickes B.“ keinesfalls zu Ende gesehen. Das Beste kommt zum Schluss – ein Satz, der für den rbb-Showtalk nicht gilt. Wowereit, Tramitz, Tschirner. Die wichtigsten Promis wurden in der ersten Stunde nacheinander abgefrühstückt. Interaktionen gab es keine. Showtalk geht anders.
Wowereit warb für sich, kritische Fragen musste er nicht beantworten. Anstatt zu fragen, warum denn Berlin im Winter komplett vereist war, durfte Wowi erzählen, wie es denn ist, wenn man nicht mehr so beliebt ist.
Christian Tramitz warb für seinen neuen Kinofilm. Und Nora Tschirner – die warb auch für ihren neuen Kinofilm. Von wegen keine Werbung. Drehbuchautor Wolfgang Kohlhasse erzählte durchaus spannende Dinge über Filmdialoge. Zum Schluss noch ein Ex-Millionär und eine langweilige Sängerin. Die letzte Viertelstunde war erschreckend belanglos. Es ist nicht spannend zu erfahren, wo irgendeine Sängerin auf irgendeiner Bühne vor Annie Lennox aufgetreten ist. Diese Oceana durfte im Laufe des Abends auch drei Lieder singen. Das war dann das einizige, was den Namen „Showtalk“ rechtfertigt.
Die vielgepriesene Aktion war ein kleines Drehbuchspiel. Action ist anders.

„Dickes B.“ ist kein Showtalk, sondern eine stinknormale, schlecht geplante Talkshow. Warum man Mark Scheibe und das Babelsberger Filmorchester ins Studio sezt, bleibt völlig unklar. Abgesehen davon, dass die Musiker nichts zu melden haben nur nur mit Oceana mitspielen, aber anonsten keine Funktion in der Sendung haben – die Akustik im Fernsehen war lausig. Wenn Mark Scheibe auf seinem klavier geklimpert hat, war das kaum zu hören – was im Studio übrigens nicht anders war.

Warum die Show „Dickes B.“ heißt, bleibt übrigens auch völlig im Dunkeln. Mal abgesehen, dass die Sendung in Berlin stattfindet. Im Logo befindet sich nichts Berlinspezifisches. Es ist ein langweiliger Schriftzug mit drüber gezogenem Strich. Die Kulisse hat auch nichts Berlinmäßiges. Es ist die übliche, seit Jahrzehnten im Berliner Studio variierte Einrichtung.
„Dickes B.“ hätte Potenzial, aber an erschreckend vielen Stellen wird es nicht genutzt. So wie sie jetzt ist, ist „Dickes B.“ eine verzichtbare Sendung.
Wenn selbst das Live-Publikum sich spätestens im letzten Viertel langweilt, dann läuft eindeutig was falsch.
Nach zwei Stunden gingen wir jedenfalls völlig geplättet nach Hause. Wenigstens gab es was zu trinken…


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