Durch die Berlinale ist „Der Vorleser“ schon seit Wochen in den Köpfen der Filmfans verankert. Das gleichnamige Buch von Bernhard Schlink sorgte schon vor Jahren für Furore. Bei der Oscarverleihung 2009 erhielt Hauptdarstellerin Kate Winslet die begehrte Trophäe. Nun ist die deutsch-amerkanische, größtenteils in Potsdam-Babelsberg entstandene Co-Produktion in den Kinos angekommen.
Westdeutschland in den 50ern. Als sich Michael (David Kross) in einem Hausflur übergeben muss, kommt ihm Hanna (Kate Winslet) zur Hilfe. Michael wird schwerkrank.
Monate danach sehen sich die beiden wieder. Und dann geht alles ganz schnell. Der 15-Jährige und die wesentlich ältere Schaffnerin verbindet eine hocherotische Leidenschaft. Doch nicht nur das: Er wird ihr Vorleser, bringt ihr so viele literarische Werke näher. Doch dann verschwindet sie spurlos.
Fast zehn Jahre später trifft Michael sie wieder: als sie vor Gericht steht. Angeklagt wegen schwerer Kriegsverbrechen.
Noch Jahrzehnte danach geht dem inzwischen zum Mann gewordenen Michael (Ralph Fiennes) die Frau nicht aus dem Kopf.
Stephen Daldrys Film ist eine Geschichte in zwei Akten. Zum einen die sehr erotische und sinnliche Geschichte des Jungen und der Frau, die sich auf eine Liebesbeziehung einlassen. Die Szenen haben eine Schönheit und Intimität, die in der Art selten zu sehen ist. Der zunächst schüchterne, erregte Junge, hervorragend darstellt von David Kross, und die geheimnisvolle Frau. Gerade Ralph Fiennes kann gegen den charismatischen Kross bei weitem nicht anspielen. Gegen den Jungen aus Deutschland wirkt Fiennes sehr blass und bemüht.
Der zweite Akt beschäftigt sich mit dem Wiedersehen und der schockierenden Geschichte der Frau, die Michael einst liebte und immer noch liebt. Er muss sich mit Schuld, Verantwortung, den Gesetzen, der Vergangenheit und dem Verzeihen auseinandersetzen.
Die zweite Hälfte ist dann auch leider die schwächere des Films, sie ist nicht mehr ganz so packend wie die Liebelei am Anfang.
Ein Patzer im Film sind übrigens die Bücher, die im Film gelesen werden: Sie sind allesamt auf Englisch, was natürlich unlogisch ist. Die Story spielt in Deutschland, die Handelnden sind Deutsche und sämtliche anderen Schriften sind auch auf Deutsch. Besonders in der Szene, in der Hanna lesen lernen will, ist das sehr auffallend.
Aber da lässt sich drüber hinwegsehen. „Der Vorleser“ ist ganz großes Kino mit großen Darstellern. Für David Kross beginnt die Filmzukunft spätestens jetzt.
8/10
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