Shine A Light

Okay, über die Rolling Stones kann man eigentlich nichts Schlechtes sagen. Das verbietet sich eigentlich von selbst, so lange, wie die schon auf den Bühnen der Welt stehen und Musik machen.
Offenbar ist auch Martin Scorsese („Departed“) ein Fan der Stones. Für seinen Film „Shine A Light“ filmte er zwei Konzerte der Gruppe in New York.
Tja, und das war es dann aber auch schon. Wer auf die Musik der Stones steht, wird an diesem Film (also eher: an diesem Konzert) natürlich seine Freude haben. Wer mehr erwartet, wird sehr bitter enttäuscht. Für eine Dokumenation fehlt doch so einiges. Hat man am Anfang noch den Eindruck, man erfährt noch ein bisschen was, ist es doch eher so, dass sich Scorsese oft selbst in Szene setzt, und zeigt, wie er diesen Film drehte. Was dem Film fehlt, sind die Hintergründe. Man hätte mehr hinter den Kulissen filmen können. Interviews mit der Gruppe und nicht nur alle 20 Minuten eingestreute Archiv-Schnipsel.
So ist dieser Film nicht mehr als das Konzert mit ein paar Dokuhäppchen, die in der Form sogar fast störend sind.
Und wenn Scorsese tatsächlich weniger eine Doku drehen wollte, sondern einen reinen Konzertfilm, dann hätten durchaus ein paar Einblendungen Sinn gemacht. Nicht jeder kennt jeden der gespielten Stones-Songs.
Bitter wird es gleich am Anfang, als Bill und Hilary Clinton auftauchen. In Zeiten, wo die beiden wegen der US-Wahlschlacht ständig ihre Nasen ins Fernsehen halten, nervt das total.
Abgesehen von den Kritikpunkten: Als reiner Konzertfilm macht „Shine A Light“ was her. Ein unglaublich guter Film, interessante Einstellungen.
Man kann auch spannende Beobachtungen machen: So ein Konzert ist ein hartes Stück Arbeit. Und: schrecklich unspontan. Wer sich das Gesicht und die Gesten von Mick Jagger ansieht, merkt: Hier ist nichts spontan, jede Geste und Bewegung einstudiert. Und, ja, das muss man auch mal sagen: Keith Richards macht einen ganz schön lächerlichen Eindruck. Das Outfit, die Art und Weise gehen ja mal gar nicht (mehr). Und wenn Mick Jagger seinen Hüftschwung hinlegt, ist das natürlich eine Leistung, aber irgendwann ist auch mal ein Alter erreicht, wo das albern aussieht. Schlagzeuger Charlie Watts macht dagegen den bodenständigsten Eindruck. Sein Gesicht scheint zu sagen: In was für einem Irrenhaus bin ich hier eigentlich?
Fazit: Für Stones-Musikfans ein Muss und auch ein Fest. Für alle, die mehr wollen als Musik ein Flop.

5/10


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Kommentare

8 Antworten zu „Shine A Light“

  1. SvenG

    Wow, ist der Rollings Stone-Film schon in Deutschland angelaufen?????? Er kommt hier in den USA erst am Freitag in die Theater.

  2. RT

    „Shine A Light“ ist heute bei uns gestartet, lief vorher auch schon bei der Berlinale.

  3. Pul

    Ich stimme vor allem der ersten Hälfte Deiner Kritik zu.

    Mein Eindruck war, dass Scorsese gerne mehr gemacht hätte, die Stones ihn aber nicht richtig rangelassen haben. Und das karikiert ja in den wunderbaren ersten Minuten, denen dann leider zu wenig folgt.

  4. LetThemEatCake!

    Scheinbar wurde der Film missverständlich vermarktet, denn irgendwie erwarten die Leute von SHINE A LIGHT schlicht Dinge, die er gar nicht sein will. Es ist halt ein reiner Konzertfilm, keine Künstlerbiographie. Gut, wer keinen Bock hat, ein Stones-Konzert im Kino zu sehen, wird sicherlich keinen Gefallen an dem Film finden. Ich fand das aber ziemlich geil. Zumal Scorsese einem das Gefühl gibt, hautnah dabei zu sein. Und dokumentierend ist der Film freilich schon, denn er zeigt doch sehr unmittelbar die Interaktion, Kommunikation, Dynamik auf der Bühne. Ferner dokumentiert er recht schonungslos die Alters- und bisweilen auf der Bühne auftretenden Müdigkeitserscheinungen der Stones. Fand das alles doch sehr detailliert und nah gezeigt, geschickt gefilmt. Dazu muss ich noch anmerken, dass unser Kino ausnahmsweise eine qualitativ sehr hochwertige Kopie bekommen hat und Schärfe und Kontrast überdurchschnittlich gut waren. Was die Interview-Schnipsel anbelangt, verstehe ich die Kritik nicht. Denn ich hatte nicht das Gefühl der Beliebigkeit, sondern fand, dass (zumindest meistens) die richtigen Interview-Fetzen an der richtigen Stelle eingeschoben wurden und hatte schon das Gefühl, dass Scorsese oder wer auch immer sich etwas dabei gedacht hat. Als störend (wenn auch unvermeidbar) empfand ich eigentlich nur die omnipräsenten, sehr großen Arris überall im Bild: In jeder Einstellung sah man wie da mindestens drei von den Oschis durch die Gegend geschoben wurden, weshalb sich die Mechanismen des Filmemachens arg in den Vordergrund gedrängt haben bei diesem Konzert.

    P.S.:
    Sehr gelungen fand ich, dass bei Bill Clintons Rede eine Kamera hinter der Bühne positioniert wurde und gezeigt wurde, wie der Mann sich nach seiner umjubelten Rede vom Publikum wegdreht, um die Bühne zu verlassen. Dieser Moment, in dem er sich unbeobachtet fühlt mit einem sehr äh selbstzufriedenen Gesichtsausdruck war einfach göttlich.

  5. RT

    Ja, kann sein, dass das Marketing missverständlich war.
    Aber mal abgesehen davon, hätte ich eine Doku-Konzert-Mischung auch interessanter gefunden.
    Was das Konzert an sich angeht – da ist die Qualität des Films unbestritten.

  6. Grizzly

    Den Artikel hätte sich der Autor „so“ schenken können. Keith Richards, seit über 50 Jahren Gitarrist ( er hat schon als Kind Gitarre gespielt) und als Mitbegründer der „Rolling Stones“ ist personifizierte Rockmusik, der tausende Musiker gefolgt sind, miteinem millionenfachen Heer von Fans aus allen Generationen. So ein Mann kann nur für dessinteressierte Menschen blöde wirken. Und wenn ein Mann im Alter eines Mick Jagger noch einen Hüftschwung hinbekommt, sieht das um ein vieles besser aus als ein junger Mensch, der von Übergewicht schnaufend kaum noch rythmische Bewegungen hinbekommt. Ein bischen mehr Achtung und Respekt haben sich die „rollenden Steine“ schon verdient, denke ich. Ich jedenfalls höre sie seit meinem 13. Lebensjahr und sie erinnern mich immer wieder daran, daß es mehr gibt als arbeiten und schlafen, nämlich Lebensfreude.

  7. mxxr1

    Ganz offenbar hat der Autor des Artikels so richtig Ahnung vom Thema, sonst könnte er z.B. wissen, dass der Film eine Dokumentation dieser beiden Club-Konzerte ist – Scorsese wollte die Band eben genau dabei zeigen. Den allermeisten Fans bietet sich doch nie im Leben die Chance, mal ein Clubkonzert dieser Band zu sehen – hier ist die beste Gelegenheit dafür. Und ob die Gesten eines Mick Jagger einstudiert sind, ist doch auch vollkommen egal, jede Bühnenshow ist einstudiert und jemand der über 40 Jahre auf der Bühne steht, hat nun mal Gesten die sich wiederholen. Ob Keith Richards lächerlich ist – wen interessiert es, er ist nicht nur ein Original in der Rockmusik, sondern er ist DAS Original. Er ist Keith Richards. Der ist eben so. Der beste Rockmusiker den die Welt hervorgebracht hat. Und überhaupt, wer genau hinsieht wird merken, dass er sich in dieser Rolle selber nicht so ernst nimmt. Ansonsten noch ein Tip: Am kommenden Montag wird die DVD des Films veröffentlicht – von allen Fans sehnsüchtig erwartet. DAS ist die wirklich wichtige Meldung zum Thema.

  8. RT

    Hallo und danke für das Interesse.
    Natürlich wusste ich, um was für ein Konzert es sich handelte, ich habe es nur schlichtweg nicht mit reingeschrieben.
    Keith Richards mag ein Original sein, ich finde trotzdem, dass er auf der Bühne so wirkt, wie es schon beschieben war. Das hat im übrigen auch nichts mit Desinteresse zu tun, ganz im Gegenteil! Als Fan der Stones sehen Sie das natürlich anders, das ist ja auch normal.
    Dass die DVD erscheint mag ein wichtiges Thema sein, aber für uns war DAS Thema, dass der Film in unserem Kino zu sehen ist

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