Thierse relativiert die Entschuldigung

SA 17.11.2007, Berliner Morgenpost

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse hat sich bei Ex-Kanzler Helmut Kohl entschuldigt. In Bezug auf Franz Münteferings Rücktritt aus privaten Gründen sagte Thierse der Leipziger Volkszeitung, dass Kohl damals seine schwer erkrankte Frau „im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen“ gelassen habe. Dort hat Hannelore Kohl mit ihrer Lichtallergie bis 2001 gelebt.
Jetzt also die Entschuldigung Thierses. So irgendwie. Denn er, der Thierse, habe ja einen Fehler gemacht. Jedoch nicht den, dass er gesagt habe, was tatsächlich in der Zeitung stand. Nein: „Mir ist ein Fehler unterlaufen, nicht in dem, was ich gesagt habe, sondern indem ich ein Interview nicht autorisiert habe.“
Achso. Ja, klar. Halten wir also fest. Wolfgang Thierse hat seinen Vorwurf an Helmut Kohl genau so gemeint, wie er es gesagt hat. Was er vielmehr bereut ist, dass er das Interview mit der LVZ nicht mehr gegengelesen hat. Dass er die betreffenden Aussagen nicht gestrichen hat.
Interessant: Thierse möchte also sagen, was er denkt, es den Zeitungsmachern dann aber verbieten, es zu schreiben. Obwohl seine Aussagen kein Fehler waren? Ist das nicht der eigentliche Skandal an der Sache?
Tritt Wolfgang Thierse ab sofort auch nicht mehr in Live-Sendungen des Fernsehens auf, weil er seine Aussagen, die er nicht für sendefähig hält, am Ende gern rausgeschnitten habe will?
Für Thierse ist der Fall „kein ernsthafter Rücktrittsgrund“. Seine Entschuldigung im Nachhinein und seine Begründung dafür, sind aus meiner Sicht sehr wohl ein Rücktrittsgrund.


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