Anwohner genervt von hupenden Zügen

RE6 und Güterzüge werden umgeleitet und sorgen in Löwenberg für großen Lärm: Entlang der Bahnstrecke gibt es viele Grundstücke direkt am Gleis, dort regt sich Protest

MAZ Oberhavel, 4.9.2025

Löwenberg.
Wenn Nicky Brakop auf seinem Grundstück in Löwenberg am Gartenzaun steht, dann rauschen nebenan auf der Bahnstrecke direkt neben ihm die Züge vorbei. Das Gleis liegt direkt neben dem Gartenzaun, zudem leicht erhöht, wie auf einem Bahndamm.
Das ist an sich nichts Neues. Bislang fuhr alle zwei Stunden ein Zug hin und zurück. Doch seit Anfang August sind etwa 40 Züge am Tag auf der Strecke unterwegs.
Der Regionalexpress RE6 wird wegen einer Baustelle über Löwenberg umgeleitet. Die Regionalbahn RB54 fährt wie bisher. Hinzu kommen nächtliche Güterzüge, die die große Bahnbaustelle in der Prignitz beliefern.

Aber es ist nicht nur die Menge der Züge, die bei den Anwohnern der Siedlung entlang der Bahnstrecke für Frust sorgt. „Es sind vor allem die lauten Hupgeräusche“, sagt Nicky Brakop.
„Wir haben jetzt hier mehr als das Doppelte an Verkehr.“ Im Bereich Löwenberg, Linde und Grieben gibt es diverse kleine Bahnübergänge, an denen die Züge hupen müssen.
Das viele Hupen im Bereich Löwenberg war schon bei der MAZ-Testfahrt mit dem RE6 von Oranienburg nach Neuruppin aufgefallen.

„Wir hatten das ja schon vorher, aber da war das hier noch eine Saisonstrecke“, sagt der Anwohner. „Es ist auch nicht nur das Hupen hier bei uns. Wir hören ja schon aus der Ferne das Hupen, das kommt ja noch dazu.“
Besonders in der Nacht falle der Lärm auf. Eine Anwohnerin beklagt, dass sie nachts oft durch die Züge geweckt werde – auch weil es ein Geräusch sei, das nicht schnell vorbeiziehe, sondern sich in die Länge ziehe.
„Man wird nachts unruhig. Man hört das Hupen schon weit entfernt, und gerade die Güterzüge hört man schon lange vorher“, so die Anwohnerin.
„Wir haben vor dem Haus eine Spielstraße und hinterm Haus rasen die Züge durch“, sagt Tobias Schönbeck, der auch stellvertretender Ortswehrführer in Löwenberg ist.

Besonders laut seien die Züge der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB), die die RB54 betreibt. Die Anwohner berichten von einem Zug, der scheinbar „achteckige Räder“ gehabt hätte und sehr laut über das Gleis gerattert sei. Erst nach Beschwerden habe sich da etwas geändert, und es fuhr ein anderer Zug.
„Diese neuen Züge geben auch die lautesten Signale“, sagt Nicky Brakop. Die Anwohner pochen auf Lärmvorschriften, die nachts normalerweise eingehalten werden müssten, die aber nicht für die Züge gelten würden.

„Wir nehmen die Hinweise zur Geräuschbelastung im Bereich Löwenberg ernst“, sagt NEB-Sprecher Sebastian Reichard. „Das Hupen der Züge dient als Achtungssignal und ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus.“
Wann und wie oft gehupt werde, „wird den Triebfahrzeugführern durch sogenannte Pfeiftafeln angezeigt. Diese stehen insbesondere vor unbeschrankten Bahnübergängen, um mögliche Gefahrensituationen frühzeitig zu signalisieren.“
Der Zugverkehr unterliege strengen gesetzlichen Vorschriften und Sicherheitsrichtlinien, die ein vollständig geräuschloses Fahren nicht zulassen würden. Die Länge eines Hupsignals betrage in der Regel etwa drei Sekunden, „kann bei ungünstigen Sicht- oder Witterungsbedingungen jedoch 10 bis 15 Sekunden betragen“.
Dass die NEB-Züge lauter hupen würden, sei möglich, habe aber Gründe. „Die Lautstärke des Typhons ist standardisiert und vom Eisenbahnbundesamt abgenommen. Neue Fahrzeuge müssen den aktuellsten Sicherheitsanforderungen des EBA entsprechen und sind daher genauso laut wie vorgeschrieben.“ Ältere Fahrzeuge seien oft leiser und entsprächen teilweise nicht den heutigen Vorschriften.

Die Löwenberger Anwohner schlagen vor, dass die Züge nachts langsamer fahren, um dann vielleicht nicht so oft hupen zu müssen. „Das Geben der Achtungssignale wäre auch bei Verringerung der Geschwindigkeit erforderlich“, sagt dazu ein Sprecher der Deutschen Bahn.
In der Überlegung ist auch, kleine Bahnübergänge an Waldwegen vorübergehend zu schließen. „Das Schließen von Bahnübergängen ist nicht möglich, da die Wege und Übergänge für den Verkehr gewidmet sind“, so der DB-Sprecher weiter.

Bis Dienstagnachmittag gab es auch von der Gemeindeverwaltung in Löwenberg keine Stellungnahme, aber entsprechende Anfragen der Anwohner seien beantwortet worden, sie sollten sich an die Bahn wenden, die Gemeinde selbst sei nicht zuständig.

Betreiber der Bahnstrecke ist das Unternehmen Regio Infra. Geschäftsführer Ralf Böhme äußert sich ebenfalls. Das viele Hupen der Züge vor technisch nicht gesicherten Bahnübergängen, sei „leider für die Anwohner die Sicherheitsvorschrift, die wir an dieser Stelle auch nicht abschwächen können und dürfen“.
Gerade im Raum Löwenberg befinden sich zahlreiche nicht technisch gesicherte Bahnübergänge in einem relativ kurzen Abstand. „Ich verstehe natürlich den Unmut der Bevölkerung, da in den letzten Jahren der Zugverkehr in diesem Abschnitt in dieser Frequenz und vor allem in der Nacht nicht gefahren ist“, so Ralf Böhme weiter.
Entlang der Strecke gibt es tatsächlich bereits zwei temporär geschlossene Bahnübergänge. Sie befinden sich in Wulkow und vor Herzberg.
Ralf Böhme wolle sich um das Thema kümmern, sagte er. „Wir werden die Machbarkeit eines zeitlich begrenzten Schließens von einigen Bahnübergängen auf dem Abschnitt Herzberg–Löwenberg prüfen.“
Um aber in der Hinsicht erfolgreich sein zu können, „bedarf es der pragmatischen Mitarbeit der zuständigen Behörden und der von einer zeitweisen Schließung eventuell Betroffenen“, so Ralf Böhme. „Insofern kann ich zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt nichts zusagen, ob unsere Bemühungen Erfolg haben werden.“

Viele der Löwenberger Anwohner sagen, dass sie ihre Häuser wohl nicht gebaut hätten, würde der Bahnverkehr so umfassend sein wie er momentan ist. Laut Plan dauern die Bauarbeiten bei Kremmen bis zum 9. Februar 2026. Dann würde der RE6 wieder über Kremmen fahren.
Momentan gibt es aber auch eine Petition, die fordert, auch RE6-Züge stündlich über Löwenberg fahren zu lassen. „Wir unterstützen die Petition absolut nicht“, stellt Nicky Brakop klar.


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