Radler dürfen gleichberechtigt die Straße benutzen

Ralf Wunderlich ist zwischen Hoppenrade und Oranienburg mit seinem Pedelec unterwegs – nicht überall kann er abseits der Straße fahren

MAZ Nordbrandenburg, 7.7.2025

Oberhavel.
Es ist ein Dilemma für Radfahrer wie Ralf Wunderlich. So ziemlich jeden Tag kommt er mit dem Fahrrad aus Hoppenrade im Löwenberger Land nach Oranienburg gefahren. In Sachsenhausen, an der Granseer Straße, könnte er mit seinem Pedelec, einem Fahrrad mit elektronischer Unterstützung, auf dem Radweg fahren. Aber so einfach ist das nicht.

Stattdessen fährt er auf der Straße – und er hat dafür Gründe. „Es gibt hier keine Benutzungspflicht“, sagt er und zeigt auf die Beschilderung. Diese zeigt an der Granseer Straße an, dass es sich um einen Fußweg handelt mit dem Zusatz: Radfahrende frei.
Das bedeutet zwar, dass er auf diesem Weg fahren dürfte. „Aber nur in Schrittgeschwindigkeit.“ Fußgänger haben auf diesem Weg immer Vorrang, Leute auf dem Fahrrad dürfen dort nicht langsam fahren. Wer also auf der Durchreise ist, um von A nach B zu gelangen, für den ist dieser Weg keine Alternative. „Mir geht es hier auch um das Verständnis der Autofahrer“, sagt Ralf Wunderlich. Von denen werde er nämlich immer mal wieder angehupt. „Aber ich benutze gleichberechtigt die Straße“, sagt der Hoppenrader. Warum die Beschilderung so vorgenommen wurde wie in der Granseer Straße, ist unklar. „Ich gehe davon aus, dass dieser Weg eigentlich nutzbar für Radfahrer wäre“, sagt Ralf Wunderlich.

Er kennt sich mit der Thematik aus. Für Die Linke sitzt er im Gemeinderat im Löwenberger Land, und er ist Mitglied des Kreistages in Oberhavel.

„Die Situation an der Granseer Straße ist keine besondere im Vergleich zu vielen Straßen im Stadtgebiet“, sagt Eike-Kristin Fehlauer, Sprecherin der Oranienburger Stadtverwaltung. „Infolge der Umsetzung eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts wurden in der ganzen Stadt benutzungspflichtige Radwege innerorts größtenteils abgeordnet“, erklärt sie. Seitdem gebe es meist eine Wahlfreiheit zwischen dem Fahren im Mischverkehr und dem Befahren des Gehwegs („Fahrrad frei“) in Schrittgeschwindigkeit oder Radwege ohne Benutzungspflicht, zum Beispiel mit roter Pflasterung und baulich vom Gehweg getrennt.
„Radfahrer sind demnach gleichberechtigte Verkehrsteilnehmer und sollen daher grundsätzlich auf der Fahrbahn fahren, außer bei einer akuten Gefahrenlage“, so die Sprecherin weiter. „Zudem ist auf den Nebenanlagen oder Gehwegen häufig wenig Platz für Fuß- und Radverkehr, daher ist bei Gehwegen mit ‚Radfahrer frei‘ nur Schrittgeschwindigkeit erlaubt“, erklärt sie.
Für Schulkinder oder unsichere Radfahrer sei es sinnvoll, an geeigneten Stellen Radverkehr durch das Zusatzschild „Radfahrer frei“ auch auf dem Gehweg zu erlauben.

Matthias Lauterbach vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) in Oranienburg hält das für eine Lösung, „die nicht zu Zufriedenheit führt“, wie er am Mittwoch sagte. Vielmehr löse es Konflikte abseits des Autoverkehrs aus.
Nur an manchen Stellen sei diese Regelung akzeptabel. Sowohl Ralf Wunderlich als auch Matthias Lauterbach nennen in dem Zusammenhang dieselbe Stelle.

An der Bernauer Straße zwischen Fischerstraße und Lehnitzstraße sollen sich Fußgänger und Radler den schmalen Weg teilen. „Da fahre ich meistens nicht auf der Fahrbahn“, sagt Matthias Lauterbach. „Das ist ein enger Weg, aber auf der Straße zu fahren, ist dort auch zu gefährlich“, erklärt Ralf Wunderlich. Auf der B273 sind viele Autos, Busse und Lkw unterwegs, die Straße relativ schmal. Eine Lösung, die Situation dort verändern, ist dort aufgrund des fehlenden Platzangebotes sehr schwierig.

Eine Stunde und zehn Minuten braucht Ralf Wunderlich in der Regel von Hoppenrade nach Oranienburg. In Löwenberg gebe es keinen Radweg, aber entlang der B96 bis Teschendorf sei die Lage gut. Auch hinter Teschendorf gebe es wieder einen Radweg.
Schwierig sei es für Radfahrer auf der Doppelstraße zwischen der Tankstelle und dem Nassenheider Ortseingang sowie in Nassenheide selbst. „Ich könnte durchs Dorf fahren“, sagt Ralf Wunderlich. Aber da sei die Straße teilweise schlecht – nicht gut für seinen Rücken.
Deshalb fahre er dort in der Regel auf der Doppelspur-Strecke, was auch erlaubt sei. „Aber da wird auch schon mal gehupt“, erzählt der Radler. Dennoch zieht er ein positives Fazit zu den Radwegen in der Region. „Es verbessert sich eine Menge, das war früher nicht so“, sagt er. „Früher wurde alles immer nur für die Autos gebaut.“


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