MO 08.12.2025 | 21.20 Uhr | Das Erste
Die Lästershow der Woche: „Die 100“ im Ersten. Die Live-Show lief am Montagabend im Rahmen eines Debatten-Schwerpunkts. Erst war Kanzler Friedrich Merz zu Gast in der „Arena“, danach ging es bei „Die 100 – Was Deutschland bewegt“ um die Frage, ob wir gut regiert werden.
Die Sendung wird in den Tagen danach mit viel Häme überschüttet. Ausschnitte gehen im Internet viral. In einem sieht man die Moderatorin Anna Planken, wie sie eine Deutschland-Jubelparty feiert und die Regierung in den Himmel lobt. Dieser Ausschnitt war dann am Freitag auch in der „heute show“ und im „ZDF Magazin Royale“ zu sehen und war Stoff für viel Häme.
Ein anderer Ausschnitt zeigt Moderator Till Nassif, der zwei Gästen eine Farbskala hinhielt – einer hellhäutigen Frau und einem dunkelhäutigem Mann. Es ging darum, zu zeigen, dass die Stadtbild-Debatte von Friedrich Merz spaltend war.
Beide Ausschnitte ohne Kontext sind in der Tat ziemlich verheerend. Sieht man sie, ohne zu wissen, was der Rahmen dieser Sendung war, sind sie fürchterlich. Ehrlich gesagt, waren das auch in der Gesamtschau schwierige Momente.
Dennoch waren beide Momente stimmig.
Denn die Überhöhung des Fahnenmeeres sollte zeigen, dass ja die Stimmung mal anders gewesen sei. Und die Hautfarbenskala sollte ja gerade zeigen, wie unangenehm und abstoßend eine solche Unterscheidung ist.
Ein stimmiges Konzept. Wie überhaupt „Die 100“ eine spannende Sendung ist.
Sie funktioniert so: Am Montag stand die Frage im Raum, ob wir gut regiert werden. Die 100 Studiogäste – Leute, die sich bewerben konnten – mussten sich positionieren. Ja, unentschieden, nein, und auch innerhalb der Ja-Nein-Seiten gab es noch unterschiedliche Ausprägungen.
Im Folgenden werden immer verschiedene Thesen besprochen. Anna Planken und Till Nassif waren dafür da, Pro-und-Contra-Argumente rüberzubringen. Es sind nicht ihre persönlichen Ansichten, es geht darum, die Debatte zu gestalten.
Nach dem Überbringen der Pro- und Contra-Ansichten durften sich „die 100“ wieder auf dem Spielfeld platzieren. Nach jeder Abstimmung holte sich Hauptmoderator Ingo Zamperoni Meinungen dieser Leute ein, auch da sind Argumente ausgetauscht worden.
„Die 100“ erlebt momentan einen ziemlichen Shitstorm, dabei ist das eigentlich ein ziemlich starkes Format. Denn es sind normale Menschen vor Ort, die sich für Politik und Gesellschaft interessieren. Es werden Argumente ausgetauscht, man beschäftigt sich mit verschiedenen Blickwinkeln und Denkweisen zu bestimmten Thesen. Die Leute können sich entschieden und darüber reden – und die Zuschauer können zu Hause auch mitmachen.
Denn das ist es doch, was viele von uns verlernt haben: Argumente austauschen, zuhören, drüber nachdenken, vielleicht neue Sichtweisen annehmen, vielleicht auch nicht.
Dass einzelne Ausschnitte daraus natürlich irritierend sind, ist logisch. Aber das sollte die ARD nicht daran hindern, „Die 100“ öfter zu veranstalten.
-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 8. Dezember 2026)
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