Verkehr auf der RB27-Strecke von Basdorf über Wensickendorf nach Schmachtenhagen wird ausgedünnt – Aktion und Kundgebung an der Caravanserei
MAZ Oberhavel, 3.11.2025
Basdorf/Schmachtenhagen.
So etwas erlebt Ines Grimnitz in letzter Zeit auf dieser Strecke nur selten. Die Heidekrautbahn ist zwischen Basdorf und Schmachtenhagen rappelvoll.
Die Zugbegleiterin der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) schaut auf die vielen Mitfahrenden. „Das ist wie im Sommer in Richtung Wandlitz“, sagte sie am Sonnabendvormittag.
Es war aber auch keine normale Zugfahrt. Es handelte sich um eine Aktion zur Rettung der Heidekrautbahn auf diesem Streckenast.
Darum geht es: Bislang fahren zwischen Basdorf und Wensickendorf stündlich von morgens bis abends Züge der Regionalbahn RB27. Am Wochenende fährt sie weiter bis Schmachtenhagen.
Das soll sich zum 14. Dezember 2025 ändern. Das ist der Tag des Fahrplanwechsels. Dann fahren unter der Woche zwischen Basdorf, Zühlsdorf und Wensickendorf nicht mehr 17-mal am Tag Züge, sondern nur noch 9-mal.
Die stündlichen Züge ab Wensickendorf von 9.02 Uhr bis 14.02 Uhr sowie um 20.02 Uhr und 21.02 Uhr fallen weg. Am Wochenende und an Feiertagen wird gar kein Zug mehr auf dem Streckenast fahren. Der Haltepunkt Schmachtenhagen wird dann stillgelegt.
Der Ortsbeirat Wensickendorf hat eine Petition gestartet, um diese Strecke in der jetzigen Form zu bewahren. Bis Sonnabendmittag kamen 3002 Unterschriften zusammen.
Zusätzlich fand am Sonnabendvormittag die Aktion statt, bei der der regulär um 10.10 Uhr ab Basdorf fahrende Zug nach Schmachtenhagen genutzt wurde.
Schon in Basdorf standen viele Menschen am Bahnsteig. „Die Idee, für diese Aktion mit dem normalen Zug zu fahren, ist naheliegend“, sagte Helmut Knieper von der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft „Region Heidekrautbahn“.
„Das hat einen doppelten Effekt. Nämlich, dass man mit der Bahn fährt und damit klar macht, dass man diese Verbindung auch wirklich haben will“, erklärte er außerdem.
Es gebe vier Gruppen, für die der Zug wichtig sei. Das seien die älteren Menschen, die nach Basdorf zum Einkaufen oder zum Arzt fahren. Die jungen Leute fahren damit zur Schule oder zur Ausbildung.
Hinzu kämen die Menschen in modernen Berufen mit gleitenden Arbeitszeiten. „Die fahren meist nicht in der Hauptverkehrszeit.“ Die vierte Gruppe seien Touristen, die zur Caravanserei nach Schmachtenhagen wollen.
Man müsse die Gesamtwirtschaftlichkeit der Regionalbahn betrachten und nicht einzelne Strecken, sagte Helmut Knieper. „Diese Strecke hier wird nie wirtschaftlich sein.“
Mit gut fünf Minuten Verspätung setzte sich der Zug am Sonnabend in Basdorf in Bewegung. In Zühlsdorf wurde die RB27 von einer großen Menschengruppe empfangen. „Hängt uns nicht ab!“, stand auf einem der Plakate, und auf einem anderen „Mobile for Future“.
„Mein Mann nutzt den Zug im Alltag“, erzählt Ulrike Stützer, die in Zühlsdorf lebt. Er fahre mit der Bahn nach Berlin zur Arbeit. Auch sie selbst nutze sie, in Kombination mit dem Fahrrad. „Für uns ist der Zug die Lebensader nach Berlin.“
Auch sollen ja die Kinder mal selbstständig nach Berlin fahren können, und auch Freunde, die nach Zühlsdorf kommen, würden regelmäßig den Zug nutzen. „Für uns würde dies das soziale Aus bedeuten, wenn der Zug am Wochenende nicht mehr fährt“, so Ulrike Stützer weiter.
„Das hier ist ganz wichtig“, sagte Monika Naß aus Zühlsdorf. „Ich will ja auch unter der Woche einkaufen fahren, nach Basdorf. Es kann doch nicht sein, dass das eingestellt wird.“
Rita Wunderlich aus Zühlsdorf ergänzt: „Wenn ein bis zwei Fahrten am Tag wegfallen, wäre das noch okay. Aber am Abend müssen die Fahrten auf jeden Fall bleiben.“ Sonst habe man keine Chance mehr, abends aus Berlin nach Hause zu kommen.
Richtig voll wurde der Zug dann in Wensickendorf. Die Menschen standen auf den Gängen, weil alle Plätze besetzt waren. In Schmachtenhagen war das Ende der Fahrt erreicht.
Auf dem dortigen Bahnsteig fand dann eine kleine Kundgebung statt. „Mehr Schildbürgertum gibt es doch nicht“, sagte dort die Oranienburger CDU-Landtagsabgeordnete Nicole Walter-Mundt.
In die gerade eröffnete Caravanserei in Schmachtenhagen werde auch durch Fördermittel des Landes Geld investiert, „und hier kürzen wir“, sagte sie mit Blick auf die in Schmachtenhagen stehende Regionalbahn.
Es sei ebenso ein Schildbürgerstreich, dass das Verkehrsministerium einerseits die Strecke nach Schmachtenhagen abstelle, aber andererseits prüfe, ob die Strecke zwischen Schmachtenhagen und Fichtengrund rentabel sein könnte.
Es müsse darum gehen, statt zu kürzen, die Strecke zu erweitern. „Liebenwalde ist das Ziel, an dem wir arbeiten“, so Nicole Walter-Mundt. „Aber wenn wir heute den Zug abbestellen, dann brauchen wir nicht über Liebenwalde zu reden.“
Da auch Zühlsdorf an der Strecke liegt, war auch Filippo Smaldino (SPD), der Bürgermeister des Mühlenbecker Landes, vor Ort. „Ich war als Bürgermeister ein bisschen geschockt“, sagte er über den Moment, als er von den Plänen erfahren habe.
Er stehe für die Energiewende, mehr Klimaschutz und mehr Schiene, erklärte er. Da könne man sich „veräppelt“ fühlen, wenn nun stattdessen beim Schienenangebot gekürzt werde. „Solche Dinge darf man doch nicht betriebswirtschaftlich betrachten.“
„Das ist ein toller Anblick“, rief Wensickendorfs Ortsvorsteher Daniel Langhoff (FDP). Er denke SWZ – also Schmachtenhagen, Wensickendorf und Zehlendorf – gemeinsam. Zehlendorf habe den Bahnanschluss schon vor fast 30 Jahren verloren. Wenn auch die Strecke nach Schmachtenhagen eingestampft würde, sei das ein schlechtes Zeichen. Es werde über Mobilität gesprochen, aber dann doch gekürzt. „Es ist so unbefriedigend.“
Um 10.55 Uhr fuhr die RB27 in Schmachtenhagen wieder los, erneut rappelvoll. In Wensickendorf, Zühlsdorf und Basdorf leerte sich der Zug, er fuhr weiter bis Berlin-Karow.
Ab Mitte Dezember wird das am Wochenende zwischen Schmachtenhagen und Basdorf nicht mehr möglich sein. Womöglich für sehr lange Zeit, im schlechtesten Fall für immer.
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