RE6 wird ab August von Neuruppin über Löwenberg umgeleitet – Detlef Maaß vom ADFC setzt sich für einen Zwischenstopp ein und hat dabei politische Unterstützung
MAZ Ostprignitz-Ruppin, 28.2.2025
Herzberg.
Der Bahnhof in Herzberg wirkt beschaulich – einerseits. Andererseits hat er sogar zwei Gleise und einen Mittelbahnsteig. Ab August rollt durch den Ort im Amt Lindow tatsächlich auch mehr Bahnverkehr. Nur wird Herzberg selbst davon nichts haben. Wegen der Bauarbeiten an der Bahnstrecke zwischen Neuruppin und Kremmen wird der Regionalexpress RE6 ab Anfang August 2025 über Löwenberg und Oranienburg nach Berlin-Gesundbrunnen umgeleitet. Der sogenannte Prignitz-Express belebt damit die Nebenstrecke von Neuruppin über Herzberg nach Löwenberg.
Diese wird ab März dafür ertüchtigt – für etwa 13 Millionen Euro, die der Bund der Regio Infra Nord bezahlt, wie auf einer Infoveranstaltung am 12. Februar in Rheinsberg bekannt gegeben worden war. Damit soll sichergestellt werden, dass dann dort auch schwere Güterzüge nachts rollen können. Aber auch, dass der Prignitz-Express schneller fahren kann. Einen Halt in Herzberg wird der RE6 aber nicht einlegen – er soll durch den Bahnhof rollen.
Darüber wundert sich Detlef Maaß. Der Rüthnicker ist Mitglied beim ADFC, dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club. Als er von der Umleitung des RE6 hörte, dachte er zunächst: „Das ist ja wunderbar, da hält der Zug ja sicher auch in Herzberg.“ Doch er sollte eines Besseren belehrt werden. Laut Bernd Arm, Leiter der Abteilung Angebot und Infrastruktur beim Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), habe der RE6 bei seiner Fahrt auf der weitgehend eingleisigen Strecke von Neuruppin nach Löwenberg zu wenig Zeit für einen Stopp in Herzberg.
„Wir müssen innerhalb einer Stunde hin- und auch wieder zurückkommen“, sagt er und meint damit die Entfernung zwischen Neuruppin und Löwenberg. Dazwischen sei kein Begegnungsverkehr möglich, trotz des eigentlich zweigleisigen Bahnhofes in Herzberg. 27 Minuten brauche der Zug von Neuruppin nach Löwenberg. Es besteht nach seinen Aussagen also gerade mal ein dreiminütiger Zeitpuffer. „Jede Minute zählt auf der Strecke“, so Bernd Arm.
Damit die Züge aber überhaupt Fahrt aufnehmen können und nicht immer wieder abbremsen müssen, sollen entlang der Strecke diverse Bahnübergänge technisch aufgerüstet werden. Dazu gehört auch der in Herzberg, denn momentan ist der Übergang direkt am Bahnhof noch unbeschrankt. In Herzberg soll außerdem während der Sanierungsarbeiten ab Anfang März an einer Weiche gearbeitet werden, damit die Strecke für den erhöhten Bedarf ab August gerüstet ist.
Aber dennoch: Der Bahnhof Herzberg selbst wird davon nichts haben – auch weiterhin wird dort nur zweistündlich die Regionalbahn RB54 halten, die nach Löwenberg oder Rheinsberg fährt. Karsten Rottstädt, der Amtsdirektor in Lindow, unterstützt die Bemühungen, den RE6 in Herzberg halten zu lassen. „Bitte versuchen Sie es mit dem Zwei-Minuten-Halt in Herzberg“, schreibt er in einem Appell an den VBB. Auch für die Herzberger Bürgermeisterin Michaela Wolff wäre ein Halt des RE6 in ihrem Ort wünschenswert. „Das wäre wieder mal ein Angebot“, sagt sie. „Die sollen nicht immer nur an Zahlen und Kosten denken, sondern auch an die Menschen.“ Es geht bei der aktuellen Diskussion um den Bahnhof Herzberg nicht nur um den umgeleiteten RE6, sondern vor allem um die Zeit danach. Denn was mit der Strecke Neuruppin-Löwenberg passiert, wenn die Bauarbeiten erledigt sind, ist völlig offen. Das räumte auch Bernd Arm vom VBB ein.
13 Millionen Euro nur für die Nutzung während der Umleitungszeit? „Ich ärgere mich darüber“, sagt Michaela Wolff. „Da werden 13 Millionen Euro für fünf Monate ausgegeben, anstatt weiterzudenken. Für fünf Monate macht man einen Hock-Streck-Sprung, und dann wird die Zukunft nicht einberechnet.“ Sie erinnert sich, dass früher in Herzberg viel mehr Bahnverkehr geherrscht habe. „Wir sind als Kinder immer Zug gefahren. Das Angebot muss eben stimmen.“
Vivian Böllersen von der Walnuss-Meisterei in Herzberg würde sich ebenfalls einen besseren Bahnanschluss für Herzberg wünschen. „Wir haben Mitarbeiter aus Berlin und anderen Regionen, und nicht jeder hat ein Auto.“ Auch für ihre Kundschaft könnte ein attraktiverer Bahnverkehr mit Stopp in Herzberg ein wichtiges Argument für Ausflüge sein. „Wir wollen ein Café eröffnen“, sagt Vivian Böllersen. Ist mit der Absage des VBB die Diskussion erledigt? Detlef Maaß vom ADFC sagt: „Ich werde noch mal eine Mail schreiben.“ Ihm geht es vor allem um die Frage, wie lange der Zug wirklich von Neuruppin nach Herzberg braucht.
Momentan braucht die Regionalbahn RB54 von Löwenberg nach Herzberg 14 Minuten – nach der Streckensanierung wäre sie sicher schneller. Es sind 14,85 Kilometer zwischen den Orten. Zwischen Herzberg und Neuruppin liegen weitere 13,7 Kilometer – das wäre also etwas weniger als der erste Streckenteil. Deshalb zweifelt Detlef Maaß die 27 Minuten Fahrtzeit an. Wenn der RE6 die Umleitung fährt, wolle er sich in den Zug setzen und die Zeit stoppen. Viel ändern lässt sich vermutlich nicht mehr, denn der Fahrplan für die Zeit der RE6-Umleitung steht bereits fest.
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