Ende einer Ära – Großer Zapfenstreich für Angela Merkel

DO 02.12.2021 | 19.20 Uhr | ZDF

„Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael!“
„Für dich soll’s rote Rosen regnen!“

Es ist ein emotionaler Moment für Deutschland, auch wenn das natürlich längst nicht alle Deutschen zu sehen. Denn es endet eine Ära. Am Donnerstagabend wurde in Berlin der Große Zapfenstreich für Angela Merkel abgehalten. U.a. das ZDF übertrug live. Die Bundeskanzlerin geht in den Ruhestand – in der kommenden Woche wählt der Bundestag ihren Nachfolger.

Wie immer spielte das Stabsmusikkorps der Bundeswehr drei Lieder, die sich die Person, der der Zapfenstreich gewidmet ist, wünschen durfte. Als 2005 Gerhard Schröder nach seiner Wahlniederlage ging, da spielte das Orchester u.a. „My Way“, und Schröder hatte Tränen in den Augen.
Und auch diesmal: Als Nina Hagens größter Hit in der Orchesterversion gespielt worden ist, da hatte auch Angela Merkel Wasser in den Augen. Ebenso bei Hildegard Knefs roten Rosen. Später folgte noch ein Kirchenlied – denn immerhin ist Merkel eine Pfarrerstochter.

Mitten in der Coroankrise wird Angela Merkel verschwinden. Nach 16 Jahren. Und sie hat nun wirklich nicht alles richtig gemacht. Sie hat Fehler gemacht. Und dennoch ist sie, war sie, eine große Politikerin. Was schon in ihrer Uneitelkeit begründet ist. Sie machte nie einen Kult um sich, es ging ihr immer um die Sache. Wenn die Politmänner dieser Welt immer wieder zum Getöse ansetzten, da bildete sie den Ruhepunkt. Nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag in Berlin schäumte sie nicht, sondern sie blieb besonnen – und das war in der Situation absolut richtig. Und auch ihre Einstellung in der Flüchtlingsproblematik war aller Ehren wert – inklusive des mutmachenden Satzes „Wir schaffen das.“

Das sagte sie auch in ihrer Abschiedsrede: Sie empfindet „Dankbarkeit und Demut – Demut vor dem Amt, das ich so lange ausüben durfte, Dankbarkeit für das Vertrauen, das ich erfahren durfte. Vertrauen, dessen war ich mir immer bewusst, ist das wichtigste Kapital in der Politik.“ Bei vielen Deutschen hatte sie das in der Tat – ein Vertrauen, oft unabhängig davon, welche Partei man wählt.
Weiter sagte sie: „Unsere Demokratie lebt von der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur Selbstkorrektur. Sie lebt vom steten Ausgleich der Interessen und von dem Respekt voreinander. Sie lebt von Solidarität und Vertrauen, im Übrigen auch von dem Vertrauen in Fakten und davon, dass überall da, wo wissenschaftliche Erkenntnis geleugnet und Verschwörungstheorien und Hetze verbreitet werden, Widerspruch laut werden muss. Unsere Demokratie lebt auch davon, dass überall da, wo Hass und Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen erachtet werden, unsere Toleranz als Demokratinnen und Demokraten ihre Grenze finden muss.“
Wahre Worte.

Auch wenn ihre Amtszeit erst endgültig endet, wenn (sicherlich) Olaf Scholz gewählt wird – als sie nach dem Ende des Zapfenstreiches in ihrem Auto davonfuhr und fröhlich winkte – das wirkte wie ein Abschied.
Egal, was man von der CDU hält – Deutschland wird Angela Merkel vermissen.

-> Die Sendung in der ZDF-Mediathek (bis 2. Dezember 2023)


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