RTL direkt

MO 16.08.2021 | 22.15 Uhr | RTL

RTL möchte seriöser werden. RTL möchte relevanter werden. Deshalb gibt es nun am späten Nachmittag nicht nur eine zweite längere Ausgabe von „RTL aktuell“, sondern seit Montag auch im Spätprogramm „RTL direkt“. Parallel zu den „Tagesthemen“ der ARD will man nun eine Alternative bieten.
Und das mit Jan Hofer. Der ist Mitte Dezember eigentlich im Ersten von der Tagesschau in die Rente geschickt worden. Auf Rente hat Hofer aber scheinbar keine Lust, denn erst hat er bei RTL getanzt, und jetzt soll er zum großen Moderatorenstar des Spätprogramms aufsteigen.
Schon vor Ewigkeiten hatte RTL angekündigt, dass in der Premierenausgabe die grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zu Gast sein wird und dass es um die Umweltpolitik gehen würde.

Blöd nur, wenn die aktuelle Nachrichtenlage irgendwie dazwischenfunkt.
Der Montag war geprägt von den Nachrichten aus Afghanistan, von den chaotischen Zuständen am Flughafen in Kabul, von der Machtübernahme der Taliban.
Und dann begann bei RTL das neue Magazin „RTL direkt“, und Jan Hofer hatte Annalena Baerbock vor der Nase. Pflichtschuldig stellte er ihr ein paar lahme Fragen zur Afghanistan-Lage – wie sie denn jetzt als Bundeskanzlerin reagiert hätte. Es folgen ein kurzer Nachrichtenblock zu anderen Themen und dann der große Interviewblock zur Umweltpolitik.

Erstaunlich unflexibel scheint diese „RTL direkt“-Redaktion zu sein. Die Premiere am Montag wirkte eher wie „RTL indirekt“ oder wie „RTL direkt wird einmal geplant und nie wieder umgeschmissen“. Die Premiere wollte sich RTL nicht von der brisanten Nachrichtenlage kaputt machen lassen.
Einerseits prahlt man damit, dass das Magazin live aus Berlin gesendet werde und dass man da alle Gastmöglichkeiten habe. Aber wäre es nicht ein Coup gewesen, dass statt Baerbock an dem Abend besser Heiko Maas im Studio gewesen wäre? Denn Umweltpolitik war an diesem Abend, wenn sie auch allgemein wichtig ist, thematisch nicht die Nummer 1.

Dazu kommt: Jan Hofer ist leider kein guter Moderator, und dass man das bei RTL nicht erkannt hat, ist erstaunlich. Denn schon als Tagesschau-Vorleser war er zwar beliebt, aber nicht das Maß aller Dinge. In „RTL direkt“ wirkt er, als würde er auch nur uninteressiert Fragen vorlesen. Er wirkt steif und unspontan, seine Gespräche wirken wie das bloße Abfragen der Stichpunkte auf seinen Moderationskarten. Das ist zu wenig.
Wie es geht, haben am selben Abend Das Erste und das ZDF gezeigt. Im „heute journal“ befragte Marietta Slomka einen Mann, der Kontakt zu Bediensteten in Afghanistan hatte und sagte, dass kaum eine Chance bestehe, alle da rauszuholen. In den „Tagesthemen“ grillte Ingo Zamperoni Armin Laschet. Mit jan Hofer wären solche Interview undenkbar.

Momentan wirkt „RTL direkt“ schlicht unwichtig, nicht „on Point“, sondern viel zu beliebig.
Hinzu kommt: RTL zerstört mit diesem Magazin seinen Audience-flow. Ob das Publikum von „Bauer sucht Frau“ oder „Schwiegertochter gesucht“ am Dienstag so ein sprödes Magazin sehen wollen, ist fraglich. Die nachfolgenden Sendungen werden darunter leiden. „Extra“ am Montag litt schon darunter. Und dort ging es zu Beginn noch mal um „Bauern sucht Frau“, das da aber schon 20 Minuten her war.
Und falls es im Januar ein Dschungelcamp gibt, ist es auch spannend zu sehen, ob es „RTL direkt“ dann noch gibt oder pausiert oder das Camp erst 22.35 Uhr beginnt.
So oder so muss am Konzept und an der Moderation stark geschraubt werden.

-> Die Sendung bei TV Now


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