DO 06.02.2020 | 23.35 Uhr | ZDF
Dass hinter der Kunstfigur Atze Schröder ein sehr kluger, nachdenklicher, sympathischer Kerl steckt, das wissen vermutlich die wenigsten. Aber in den vergangenen Monaten hat er mehrere spannende Interviews gegeben, die nicht aus Sicht des Komikers Atze geführt worden sind, sondern aus Sicht des Mannes dahinter. 2019 war er im „Hotel Matze“ zu Gast, einem Interview-Podcast. Dort gab er ein sehr ernsthaftes, extrem spannendes Interview, in dem er sich nicht nur über seine Kunstfigur äußerte, sondern auch zu aktuellen gesellschaftlichen Strömungen. Es war ein Gespräch sehr weit weg vom Schenkelklopfer-Atze.
Deshalb war es am Donnerstagabend auch nur auf den ersten Blick verwunderlich, dass bei Markus Lanz in „Markus Lanz“ im ZDF Atze Schröder zu Gast war – neben einer Holocaust-Überlebenden und ihrer Tochter. Comedy neben Geschichte? Geht das?
Ja, das geht – wenn man weiß, dass Atze Schröder mehr ist als Comedy.
Die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi erzählte von den Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg und von ihrer Zeit im KZ Auschwitz. Es waren bewegende Minuten.
Atze Schröder ist später zunächst nach seinem Werdegang befragt worden – das übliche Gespräch. Aber irgendwie kam das Gespräch auf Atze Schröders (den wahren Namen des Mannes hinter Atze kennt man ja nicht) Vater. Er erzählte, dass er die ersten Auftritte noch miterlebt habe und dass er dabei war, als sein Vater plötzlich starb. Er erzählte davon, dass er zunächst nicht trauern konnte und dass die Trauer ihn wie eine Wucht erwischte, zwei Jahre danach.
Sein Vater sei 1924 geboren worden, und er sei dann in den Krieg gezogen – mit 17. Erst mit 30 kam er zurück.
Atze sagte, sein Vater habe als Soldat „die schlimmsten Sachen gemacht“. Und: „Nach dem Krieg hat er sich entschieden, diese Tür erst mal zuzumachen und ein gutes Leben zu führen.“ Einigen seiner Brüder sei das nicht gelungen – große Tragödien: „Ich habe erfahren, dass meine Oma sich erhängt hatte, dass sich meine Onkels erhängt hatten. Da bin ich in ein Tief gefallen.“ Atze mit feuchten Augen. „Ich vermute, wenn mein Vater hier wäre, würde er sich entschuldigen“, sagte er zu Eva Szepesi. Er ging dann zu ihr, nahm ihre Hand. „Es tut mir Leid. „Es tut mir leid. Wir dürfen das nie vergessen.“ Und noch mal mit Nachdruck: „Wir dürfen das nie vergessen!“
Das hatte dann mit Comedy nichts mehr zu tun – sondern mit dem wahren Leben.
In den asozialen Medien musste er sich dafür von rechtsextremen Hetzern beschimpfen lassen, die sich vermutlich fälschlicherweise gar nicht als Rassisten bezeichnen würden.
Aber von solchen dummen Idioten sollte, darf man sich nicht einschüchtern lassen. Gerade wenn es um Erzählungen aus der Zeit des Holocausts geht.
-> Die Sendung der ZDF-Mediathek (bis 7. März 2020)
Schreibe einen Kommentar