Leaving Neverland

SA 06.04.2019 | 20.15 Uhr | ProSieben

Sagen Sie die Wahrheit?
Ist alles Lüge?
Will man nur den Ruhm vom King of Pop zerstören?

Die Vorwürfe sind nicht neu. Es gibt sie schon lange. Dass mit Michael Jackson irgendwas nicht stimmte, wussten wir schon länger. Dass er merkwürdige Beziehungen zu Kindern pflegte, war bekannt. Ob mehr dahintersteckte, blieb immer im Dunkeln. Aber gemunkelt wurde schon lange. Auch wenn ein Gerichtsprozess zugunsten von Jackson ausging.
Nun aber gibt eine Doku, 236 Minuten lang. Darin erzählen zwei Männer davon, was Michael Jackson (angeblich) mit ihnen gemacht hat. „Leaving Neverland“ sorgt für Aufsehen.
Am Sonnabend lief der Film auf ProSieben.
Ein Film, der erschüttert.

James Safechuck, jetzt 40 Jahre alt, und Wade Robson, inzwischen 37, erzählen in dieser Doku, wie sie Jackson kennengelernt haben. Es war Liebe, sagen sie. Und im Grunde lieben sie ihn heute noch. Michael gab sich als Freund, und diese Freundschaft wurde immer enger. Bis zum Sex, wie die Männer sagen. Sie schildern, was er mit ihnen gemacht hat. Und wie er dafür sorgte, dass nichts ans Licht kommen sollte.
Der Film erzählt aber auch davon, wie auch die Mütter der Jungen hineingezogen – oder eher: hineingesogen wurden. Man fragt sich ja, wie es sein kann, dass sie das alles zuließen. Dass sie es zuließen, dass ihre Jungs zu Michael durften. Dass sie stundenlang telefonierten.
Aber dieser Michael Jackson war eben nicht irgendwer, sondern ein großer Star. Und natürlich ging man davon aus, dass auch die Jungs was davon haben würden.
Die Doku erzählt aber auch, warum die Männer später geschwiegen haben, warum sie Falschaussagen machten.

Stundenlang müssen wir diese intimen Details hören. Und, ja, wir müssen. Es ist richtig, wir wissen nicht, was im Detail alles stimmt und was eventuell nicht. Dass die Männer vielleicht etwas zu ihren Gunsten ausschmücken, kann auch sein. Aber kann es sein, dass die ganze Story eine Lüge ist? Das zumindest versuchen Michael-Jackson-Fans den anderen weiszumachen.
Es ist jedoch kaum zu glauben, dass man sich das alles so ausdenkt. Dass dem Regisseur inzwischen Fehler nachgewiesen worden sind, sei dahingestellt – aber dass es den kompletten Film in Frage stellt, erscheint übertrieben.

Es ist wichtig, Opfern eine Stimme zu geben. Dass ProSieben dafür am Sonnabend vier Stunden lang die Primetime frei räumt (in vier Stunden nur drei kurze Werbeblöcke, den ersten nach 103 Minuten), ist bemerkenswert und gut. Auch wenn natürlich Quoten auch eine Rolle spielen.
Wir Zuschauer müssen jetzt selbst überlegen: Glauben wir den Männern? Und vor allem: Was macht das mit unserem Andenken an Michael Jackson? Können wir noch ohne Ekel seine Songs hören? Auf die Fragen werden wir irgendwann Antworten finden (müssen).


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