SO 12.04.2015 | 2.00 Uhr (Mo.) | Sat1.de
Im Newtopia-Livestream war in der Nacht zu Montag mal wieder Sendepause. Also, fast. Irgendwer muss vergessen haben, auch noch die letzte Kamera auszuschalten. Nur doof, dass es ausgerechnet die wichtigste Kamera war.
Alles echt. Das wahre Leben. Das sollte „Newtopia“ sein, das ganz große Ding aus dem Hause John de Mol. Ein Jahr lang sollte eine Gruppe Menschen auf einem abgeschotteten Gelände in Zeesen bei Berlin leben und, ja, einfach leben. Irgendwie, mit irgendwas, mit ihren Ideen eben, die sie so spontan haben. Und das live im Internet und fünfmal pro Woche auf Sat.1.
Spontan. Zwinker, zwinker.
Aber nun hat es sich ausgezwinkert. Denn die Livestream-Zuschauer konnten am frühen Montagmorgen mitverfolgen, wie die Bewohner um 2 Uhr nachts zu einem Meeting gerufen worden sind. Und dabei gefilmt wurden – denn die eine Kamera lief weiter und übertrug live ins Netz.
Die Producerin, betrunken, wie sie selbst sagte, sprach über die Produktion und den Druck und darüber, wie es denn bei Newtopia weitergehen könne. Die Kühe könne man doch verkaufen. Und ein Lokal eröffnen. Das wünsche sich auch John de Mol. Und man entschuldige sich, dass man bei den Besprechungen nicht immer alle Bewohner hinzugezogen habe.
Nach nur 50 Minuten muss irgendjemand gemerkt haben, dass… Dass, nun ja, die Kacke schwer am dampfen ist. Denn nun war es raus: Es wird eben doch Einfluss genommen bei „Newtopia“.
Überraschend ist das nicht. Ein Jahr leben Menschen so dahin, die Quoten sinken, und irgendwie ist die Sause ganz schon langweilig. Klar, dass man da irgendwas machen muss, und klar, dass die Fernsehsehleute da schon mal ihre, ähm, Wünsche äußern.
Und klar, dass man seine Zuschauer und, wenn es sie noch gibt, Fans ganz schön verarscht.
Sat.1 sagt sorry. Die Produktionsfirma sagt sorry. Konsequenzen? Mal sehen.
Und die Zuschauer sind stinkig. Immerhin soll es ja Leute geben, die für den Livestream zahlen, und die immer wieder Ausfälle beklagen, während der, wie wir nun ahnen, irgendwelche wichtigen Besprechungen stattfinden. Besprechungen, die es ja angeblich nicht gibt.
Nun ist Fernsehen immer irgendwie gescriptet, und die Zuschauer nehmen das auch so hin (oft: leider). Aber wenn Sat.1 immer wieder beteuert, bei „Newtopia“ werde kein Einfluss genommen, dann müssen sich Sender und Produktion die Häme, die jetzt einprasseln, gefallen lassen.
Und für John de Mol könnte es auch eng werden, denn „Newtopia“ (oder „Utopia“) ist ein Weltprodukt, und im Herkunftsland Niederlande, wo auch auf die Echtheit der Show gepocht wird, wird man auch auf Deutschland schauen. John de Mol muss sich fragen lassen, wie ernst er seine Zuschauer nimmt.
Das Image von „Newtopia“ ist nun jedenfalls endgültig im Arsch. Ob Sat.1 dennoch an der Reihe festhält, dürfte spannend werden, denn billig ist der Ex-Spaß für den Sender nicht.
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