Wetten, dass…?: Die letzte Show

SA 13.12.2014 | 20.15 Uhr | ZDF

Die großen Medienkritiker können aufatmen. Endlich ist „Wetten, dass…?“ Geschichte. Endlich sind sie nicht mehr gezwungen, sich die Show anzusehen und ihren Frust niederzuschreiben. „Wetten, dass…?“-Bashing ist schick geworden, da schien es völlig wurscht zu sein, ob die Sendung auch noch mal gute Phasen hatte oder nicht.
Seit Tagen wird der Abschied der Show zelebriert. Erst am Sonnabendmorgen kotzte sich ein Medienkritiker bei radioeins aus, dass er die Show nicht vermissen würde und zählte genüsslich seine schlimmsten Augenblicke auf.
Auf Facebook zerpflückte ein Journalist während der Show wieder jeden Moment. Wie furchtbar das denn schon wieder alles sei. Was denn wohl Ben Stiller gerade denke (wo der arme Mann doch gezwungen wird, in diese Show zu kommen?).

Wie ja hier schon mehrfach beschrieben: „Wetten, dass…?“ hat an Glanz verloren, und Markus Lanz war leider nicht der richtige Nachfolger für Thomas Gottschalk. Aber es war auch die Redaktion im Hintergrund, die die Show mit tatsächlich lahmen und manchmal schlimmen Einfällen zu Grunde richtete.

Am Sonnabend also der Abschied nach fast 34 Jahren – ich habe den größten Teil der 215 Shows gesehen. Natürlich sind viele Kindheeitserinnerungen mit der Show verbunden. Früher, als am Sonnabend schon der Braten für Sonntag im Ofen lag, das haus lecker nach Essen roch, „Die Schwarzwaldklinik“ lief und dann „Wetten, dass…?“ begann. Herrliche Fernsehzeiten.
Markus Lanz hatte nun die undankbare Aufgabe, die Show zu Grabe zu tragen – das aber wenigstens mit einer doch recht gelungenen und größtenteils unterhaltsamen Show.

Eine der Begründungen, dass die Quoten der Show nicht mehr stimmten, war, dass es sich das Konzept überholt habe. Ist das so? Gibt es keine spannenden Menschen mehr, die etwas Besonderes können? Finden wir niemanden mehr, der blind Puzzleteile finden kann, Buchstaben mitzählen oder rasant klettern kann? Ich finde das immer noch unterhaltsam, auch wenn natürlich manchmal dann doch auch der Wahnsinn und die Albernheit regierten. Und klar sind die heutigen Promis nicht mehr so schillernd wie vielleicht früher mal – aber es kommt eben drauf an, was man mit ihnen macht.
Nein, diese Show hätte nicht sterben müssen. Aber das ZDF hat versäumt, den Klassiker mal vernünftig zu überdenken und sie stattdessen durch einige doofe Ideen kaputt gemacht.

Und deshalb war am Sonnabend – 65 Minuten überzogen! – dann auch recht viel Wehmut dabei, als ein Stück Fernsehgeschichte einfach so beendet war.


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Kommentare

2 Antworten zu „Wetten, dass…?: Die letzte Show“

  1. ThomasS

    Ich habe mir das gar nicht erst angetan.

    Deiner Beschreibung zufolge wurden wohl glücklicherweise nicht allzu viele Krokodilstränen vergossen, sondern es galt bis zuletzt die Devise „Business as usual“.

    Offenbar sind Frank Elstner und Thomas Gottschalk der Veranstaltung fern geblieben, anstatt ihr 30-jähriges Baby zu Grabe zu tragen. Ansonsten hättest du deren Anwesenheit vermutlich erwähnt. Vielleicht ist das aber auch ganz gut so!
    Beide haben ja eh längst mehr oder weniger erfolgreiche neue Projekte am Start.

    Auch Wolfgang Lippert, der eine Zeitlang die Moderation inne hatte, bevor Gottschalk nahezu notfallartig wieder übernahm, dürfte nicht präsent gewesen sein. Der wird sich gehütet haben. Dank des Comedy-Formats „SWITCH“ verbindet der Zuschauer dessen „Wetten dass“ – Präsenz eh nurmehr mit dem Spruch „Dankedankedanke“. Am Beginn seiner 1. Sendung hatte das Saalpublikum ihm so lange Applaus gespendet, dass Lippert sich einmal zu häufig bedankt hat. Die „Switch“ – Autoren haben davon lange gezehrt, indem sie dem Mann in etlichen Sketchen nur deshalb jede Menge Häme zuteil werden ließen. Wenn man näher darüber nachdenkt ein Grund mehr, dieses „Switch“ nimmer zu mögen. Ich habe schon seit Jahren keinen Spaß mehr daran.

    Was ist mir sonst noch so an „Wetten dass“ Highlights in Erinnerung?

    Einmal ist Thomas Gottschalk spontan aufgesprungen und aus dem Studio gerannt. Im Hintergrund hörte man ihn ein paarmal nach „Rod“ rufen. Zuvor hatte Sänger Rod Stewart einen Musical Act, bei dem er vorzeitig die Bühne verlassen hatte.

    Ich habe mich damals gewundert, dass noch minutenlang die Musik spielte, obgleich der Sänger die Bühne längst verlassen ahtte. Später las ich in der Hörzu, man habe ihm während seines Auftritts einen Schwarm Ratten entgegen geschickt und er habe aus Panik die Flucht ergriffen. Glücklicherweise befand sich unter den Gästen dieser Sendung Frank Elstner, dem Gottschalk im Abgang nur zuzurufen brauchte: „Frank, mach mal weiter!“, was der auch prompt getan hat!

    Ich denke, wenn irgendwer auf die Idee käme auszupacken, was in den über 30 Jahren hinter den Kulissen dieser beliebten Familiensendung so alles an Intrigen abgelaufen ist … jemand wie Mario Puzo könnte evtl. ernsthafte Konkurrenz bekommen!

    „Beide haben ja eh längst mehr oder weniger erfolgreiche neue Projekte am Start.“

    Was Elstner betrifft, so gehe ich davon aus, dass er als Erfinder von „Wetten dass“ eh für mehrere Generationen ausgesorgt hat. Das Konzept wurde ja in -zig Länder verauft.
    Und auch Gottschalk hat im Laufe der Jahrzehnte mit seiner Gage sicherlich einiges an Kohle eingeheimst. Nicht von ungefähr konnte der sich ein Schlösschen am Rhein leisten!

    Deinem Beitrag entnehme ich, dass du noch sehr an „Wetten dass“ hängst. Für uns Angehörige der mittelalten Generation (zu der ich dich jetzt dreisterweise auch mal zähle) sind ja auch wirklich gute Erinnerungen damit verbunden. So beschreibt etwa Florian Illies in seinem Bestseller „Generation Golf“, wie füher am Samstagnachmittag gebadet wurde und wie anschließend die ganze Familie im Bademantel vor dem Fernseher saß und sich gemeinsam „Wetten dass“ angeschaut hat. Oder „Auf Los geht’s los“. Oder „Einer wird gewinnen“. Oder „Ein Kessel Buntes“.

    Und dennoch müssen wir uns damit abfinden: Kein normaler Mensch über 30 wohnt noch bei Mutti und sitzt dort am Samstag im Bademantel vor dem Fernseher! Diese Zeiten sind unwiderruflich vorbei!

    Ein echtes Déja-Vu-Erlebnis dürften die Arbeiter des kürzlich geschlossenen Opel-Werks gehabt haben. Oder auch jedes anderen Werks, das in den vergangenen Jahren kurzerhand dicht gemacht wurde.

    Wenn wir also jetzt gemeinsam das Ende von „Wetten dass“ betrauern, dann dürfen wir das selbstverständlich tun! Aber wir sollten uns zugleich bewusst sein, dass wir auf hohem Niveau jammern. WIR haben nur eine Fernsehsendung verloren, mit der wir groß geworden sind …!

    Capito, Roberto …?

  2. RT

    Gottschalk, Lippert und Elstner sind der Einladung nicht gefolgt.

    An „Switch“ kannst du schon seit Jahren keinen Spaß haben, weil die reihe schon seit Jahren nicht mehr läuft, und in den jüngsten folgen kam Lippert nicht vor. Das muss dann in den ersten Folgen in den 90ern gewesen sein.

    Na ja, es ist die Nostalgie, an der man hängt. Die Show war, und das habe ich ja rauf und runter geschrieben, leider nicht mehr so gut wie mit Gottschalk, und da gings ja auch am Ende bergab.

    Keine Sorge, ich habe die Show nicht im Bademantel bei Mutti gesehen, und es gibt zB mit „Schlag den Raab“ immer noch eine Show, die man in größerer Runde sieht, oder auch den ESC.

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