Der Deutsche Fernsehpreis 2013

FR 04.10.2013 | 22.15 Uhr | Sat.1

Deutschlands Fernsehkritiker haben nicht nur am Donnerstag fast kollektiv heftigste Blähungen gehabt. Herrschte beim RTL-Katastrophenfilm „Helden“ ein Kollektivkotzen, so war das am Mittwoch nicht anders. Da zeichnete Sat.1 den „Deutschen Fernsehspreis 2013“ auf, und so ziemlich alle waren sich erneut einig: Die Show war der letzte Scheiß, die Schlechteste, die je veranstaltet worden sei. Wie auch bei „Helden“ redeten sich die User bei Facebook, Twitter und den Medienseiten sehr in Rage, und – schwupp, da war sie schon wieder – die große Hämeblase. Ein großes Tuttern und Blubbern, und überhaupt drohte bereits der Weltuntergang.

Und schon wieder muss ich sagen: Ich fand’s eigentlich ganz okay. „Der Deutsche Fernsehpreis“ war (leider) selten eine wirklich unterhaltsame Show mit vielen witzigen Momenten. Das haben seit 1998 leider nur wenige hinbekommen. Die 2013er-Ausgabe fügte sich ganz gut ein in die Reihe.

Kritikerdeutschland moserten über… na ja, eigentlich über alles. Über die miesen Moderatoren, die schlechten Gags, die teilweise grauenhaften Dankesreden, über teilweise zweifelhafte Gewinner.
Die Kritiker haben an vielen Punkten natürlich recht. Die Gags, die Cindy aus Marzahn und Oliver Pocher bringen mussten, zündeten oft nicht. Andererseits mag ich Selbstironie, und ein Einspieler, in dem es sich um Wahrheit oder Lüge drehte, war wirklich witzig. Dass Cindy und Pocher keinen Bock auf die Show hatten, wie es ihnen Kritiker vorwarfen, nein, konnte ich nicht feststellen.
Schmunzelmomente – die gab es wirklich: Zum Beispiel, dass sich Marc Bator gleich mehrfach – und zurecht – Häme gefallen lassen musste, dass er von der „Tagesschau“ zu den „Sat.1-Nachrichten“ gewechselt ist.

Ja, über einige Preise muss man reden. Dass zdf_neo für die Dokureihe „Auf der Flucht“ ausgezeichnet wird, muss man hinterfragen. Dass D-Promifrau Mirja Dumont so tun darf, als sei sie auf der Flucht und denkt, sie erlebte reales Leben, das ist ihre Sache. Dass sie dann aber pathetisch auf der Bühne steht, heult und immer an die Flüchtlinge denken will, das grenzt an Lächerlichkeit. Wenn sich Sky und seine Frau natürlich überlegt haben, zwölf Flüchtlinge zu Hause aufzunehmen, dann nehme ich die Anmerkung natürlich gern zurück.

Dass immer mehr Sendungen prämiert werden, die auf kleinen Sendern laufen, sollte die Fernsehmacher nachdenklich stimmen. Dass nur ein einziges Format der Privatsender preiswürdig ist, sollte die Fernsehmacher erst recht nachdenklich machen.

Sat.1 kann man jedenfalls nicht vorwerfen, eine besonders schlechte Show abgeliefert zu haben. Sie war mittelmäßig wie immer. Man kann mehr draus machen, aber das ist ein allgemeines Problem der Show. Das kollektive Kotzen im Vorfeld war trotzdem übertrieben und peinlich. Die B.Z. riet den Lesern gar ab, einzuschalten.
Was man Sat.1 (und wahrscheinlich auch ARD, ZDF und RTL auch) sehr wohl vorwerfen kann: die Show 50 Stunden nach Aufzeichnung zu senden. Im Grunde war sie nur eine Wiederholung – bei Twitter und Facebook ist sie Mittwochabend genau verfolgt und verkündet worden. Eigentlich sollte sie am Feiertag ausgestrahlt werden – immerhin auch noch 26 Stunden später. Sat.1 verschob sie um einen weiteren Tag, vermutlich weil sie sauer waren, weil die Konkurrenz – die aber gemeinsam Ausrichter des Fernsehpreises sind – starke Programme gegensetzten.
Langsam sollte den Entscheidern mal dämmern, dass eine Preisverleihung in der heutigen Zeit nur noch live funktioniert. Als Aufzeichnung ist jede Spannung raus, Sperrfristen kann man heute in die Tonne treten.
Und wenn es darum geht, einen passenden Tag zu finden, wo die anderen drei Sender mal keine Premiumprogramme senden – wer sagt denn, dass das am 3. Oktober sein muss?


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