Günther Jauch: Denkzettel statt Stimmzettel – wozu noch wählen?

SO 25.08.2013 | 21.45 Uhr | Das Erste

Andrea Hanna Hünniger geht nicht zur Wahl. Die freie Journalistin ist, wie sie sagt, überzeugte Nichtwählerin. Sie war in ihrem Leben noch nie wählen. Sie fühle sich von Politikern belogen und sehe sich durch keine Partei gut vertreten, erzählt sie. Am Sonntagabend war sie zu Gast bei Günther Jauch in „Günther Jauch“ im Ersten.
Für eine Journalistin ist das ein erschreckend naiver Standpunkt. Und das gar nicht mal wegen ihrer grundsätzlichen Ansicht. Die kann ihr niemand nehmen, viele Leute fühlen sich von keiner deutschen Partei angesprochen.
Nur: Nichtwählen bringt überhaupt nichts. Null. Und als Journalistin müsste sie das wissen.

Nicht nur Andrea Hanna Hünniger hat es scheinbar nicht begriffen oder ignoriert das. Günther Jauch befragte weitere Leute im Publikum, die nicht (mehr) zu Wahl gehen. Das solle ein Denkzettel für die Politiker sein, heißt es da immer wieder.

In Wirklichkeit jedoch ist Nichtwählen ein Schulterzucken, ein faules Zu-Hause-bleiben und vor allem: ein Hinnehmen der aktuellen Situation. Denn wer gar nicht ins Wahllokal geht, schweigt. Dessen Stimme existiert nicht. Am Ende wird der Kuchen trotzdem unter den dann 100 Prozent aufgeteilt, und den Politikern kann es eigentlich – rein prozentual – völlig egal sein, wie viele Leute nicht zur Wahl gegangen sind.
Würden alle diese Nichtwähler eben doch ins Wahllokal gehen und den Stimmzettel durchstreichen, also ungültig wählen – dann wäre das ein echter Denkzettel. Wäre die Partei der Ungültigwähler 50 Prozent stark, wäre es unmöglich, Mehrheiten zu finden, geschweige denn Koalitionen zu bilden. Dann wäre die Demokratie wirklich gelähmt, und die Politiker müssten sich tatsächlich mal was einfallen lassen.
Aber gar nicht hingehen? Macht alles egal.

Blöd nur: Bei „Günther Jauch“ ist dieser Unterschied nicht herausgearbeitet worden. Niemand erklärte den Nichtwählern, was sie da eigentlich für einen überflüssigen Unsinn machen, aber wie sie stattdessen ihren Denkzettel viel wirkungsvoller austeilen könnten.
Denn seien wir mal ehrlich: Selbst wenn die Wahlbeteiligung nur bei 45 Prozent liegt, Wahlgewinner gibt’s trotzdem, und die Nichtwähler fallen unter den Tisch. Dass es auch anders geht, wollen die Politiker ihren Wählern deshalb wohl auch gar nicht verklickern. Denn dann kämen sie ordentlich ins Schwitzen.
Aber es wäre Jauchs Aufgabe gewesen, Licht ins Dunkel zu bringen. Chance vertan.


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Kommentare

2 Antworten zu „Günther Jauch: Denkzettel statt Stimmzettel – wozu noch wählen?“

  1. […] Nr. 1. Solche Sendungen sollte die ARD öfter ausstrahlen und nicht so ein ödes Gequatsche wie bei “Günther Jauch am Abend davor. Allerdings müssen die Moderatoren noch mehr darauf achten, dass gestellte Fragen […]

  2. mono

    „Würden alle diese Nichtwähler eben doch ins Wahllokal gehen und den Stimmzettel durchstreichen, also ungültig wählen – dann wäre das ein echter Denkzettel. Wäre die Partei der Ungültigwähler 50 Prozent stark, wäre es unmöglich, Mehrheiten zu finden, geschweige denn Koalitionen zu bilden.“

    und wie soll das gehen?

    http://www.wahlrecht.de/lexikon/ungueltig.html

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