SA 16.03.2013 | Köln, „Schlag den Raab“-Studio
Die drängendste Frage, wenn man live bei „Schlag den Raab“ in Köln ist: Darf man zwischendurch aufs Klo? Das klingt dämlich, aber das hat uns wirklich sehr beschäftigt. Ich bin, bevor wir ins Stuido gelassen wurden, sogar zweimal auf der Toilette gewesen, um mir auch ganz sicher zu sein!
Es ist gar nicht so einfach, live bei der wohl längsten Spielshow im deutschen Fernsehen dabei zu sein. Die Tickets dafür sind rar, man muss sich auf eine Warteliste setzen lassen und dann auf die erlösende E-Mail hoffen.
In der Schanzenstraße in Köln-Mülheim hat nicht nur „Die Harald Schmidt Show“ ihr Zuhause, auch die Stefan-Raab-Produktionen kommen aus dem alten Industriegebiet. Interessanterweise ist das Studio von außen gar nicht als solches erkennbar, niemand soll wissen, dass dort Shows wie „Schlag den Raab“ und „TV total“ entstehen.
Auf der Brache gegenüber des Komplexes sehen wir schon, was uns im Außenspiel erwartet. Zumindest sehen wir ein Fußballtor und eine Kartbahn.
16.30 Uhr. Ticketausgabe. Es gibt die Farben rot, blau und weiß. Wir landen im roten Block, links neben der Showtreppe. Um 19 Uhr beginnt der Einlass – wie auf dem Flughafen mit Metalldetektor und Abtasten. Falls jemand vor hat, Raab was anzutun.
Wir bekommen einen recht gutes Platz in der Mitte des Blocks, ich sitze direkt am Gang. Auf den Monitoren werden die besten Musikacts aus „Schlag den Raab“ gezeigt. Im Studio selbst passiert noch ziemlich wenig.
Wer sich die Kulissen genauer ansieht, merkt, dass 39 Ausgaben ganz scön in ihnen genagt haben. Da, wo die Kameras nicht hinkommen, blättert die Farbe ab, sind Plasttikteile abgebrochen oder Treppen staubig. Das wird man aber in Ausgabe 40, gleich auf ProSieben nicht mitbekommen.
Gut 20 Minuten vor Sendungsbeginn, kommt der Warm-up-Mann. Er bittet uns, Stimmung zu machen. Zu klatschen, zu jubeln. Und immer, wenn Steven Gätjen erwähnt, dass es 1 Million Euro im Jackpot zu gewinnt gibt, sollen wir erst recht jubeln. Immer.
Und dann kommt Stefan Raab. Er begrüßt uns freundlich, er ist gut drauf und locker. Wenn er uns in der Show ein Zeichen gibt, dass wir aufhören sollen zu klatschen, sollen wir nicht aufhören zu klatschen.
20.15 Uhr. Die Show beginnt, nun taucht auf Steven Gätjen auf. Der Moderator spricht vorher nicht mit dem Publikum vor Ort. Danach und während der Werbung auch nicht. Scheint er nicht nötig zu haben.
Gätjen hat zwar keinen Teleprompter, aber er liest viel von seinen Karten ab, die ihm ein persönlicher Assistent bringt. Der gibt ihm auch Zeichen, dass er zu schnell, zu langsam, zu laut oder zu betont spricht.
Ein junger Mann aus Guben wird vom Fernsehpublikum zum Raab-Gegner gekürt – ein Brandenburger, na, wenn das kein gutes Omen ist.
In den Werbepausen bekommen wir alte „Raab in Gefahr“-Filme zu sehen. Der Warm-up-Mann bittet uns, im Studio zu bleiben. Da er uns den Leuten aber nicht verbietet, gehen sie zwischendurch aufs Klo. Wir sind beruhigt.
Die Spiele im Studio können wir gut beobachten, am besten natürlich die Aktionsspiele wie das Flaschenrennen der später das sehr spannende Mini-Tischtennismatch. Die Spiele am Tisch können wir zwar beobachten, die eigentlichen Infos bekommen wir aber nur über die Monitore. Außer beim Spiegelschriftspiel: Da sind wir aufgeschmissen, wir bekommen die Aufgaben nicht zu sehen und beklatschen Erfolge, die wir gar nicht nachvollziehen können.
Während draußen das Kartfahren stattfand, baute das Team im Studio die Kulisse für den Auftritt von Robbie Williams auf. Es ist toll zu sehen, welche Mühe sich die Produktion da macht – die Musikacts wirken toll, mit Scheinwerfern und einer kleinen Bühne wirkt das doch recht kleine Studio plötzlich riesig – im Fernsehen. Aber auch im Studio sieht es imposant aus, wie Robbie Williams da steht und singt. Er brauchte allerdings einen Teleprompter, um „Be a Boy“ singen zu können.
Ums Publikum kümmerten sich allerdings weder Williams, noch Leslie Clio und Lena. Sie kamen und gingen und tschüss. Das ist ein bisschen schade, immerhin machte Robbie noch ein paar Späße mit Gätjen, Raab und dem Kandidaten.
Irgendwann nach 22 Uhr bekamen wir alle ein Tetra-Pak mit Wasser aus Brandenburg – wieder ein Stück Heimat in Köln. Als Fernsehzuschauer sieht man nicht, dass überall im Publikum Getränkeverpackungen unter den Stühlen stehen. Aber ohne geht’s nicht, wenn man so lange Zeit in so einem Studio rumsitzt.
Erstaunlicherweise spielt das Publikum in der Show aber sowieso keine große Rolle. Spezielle Schnitte, in denen man Leute dort sitzen sieht, gibt es nicht. Wir sind nur Geräusch- und Hintergrundkulisse.
Halb eins in der Nacht, wir harren schon fünfeinhalb Stunden im Studio aus. Raab führt, und ich hoffe, dass er gewinnt. Dann dauert die Show nämlich nicht mehr so lange. Mit Spiel 13, „Wer ist das?“, bekommt Raab den Matchball. Er gewinnt ziemlich fix, und um 0.45 Uhr endet die Show.
Für uns endet sie mit Arbeit, denn von dem Moment, wo der Gewinner feststeht bis zur letzten Note von Whitney Houstons „One Moment in Time“ müssen wir durchklatschen und jubeln. Das schlaucht noch mal.
Aber immerhin verabschiedet uns Raab, als die Kamera aus sind und auf ProSieben schon der nachfolgende Film beginnt, noch einmal persönlich. Natürlich waren wir das beste und schönste Publikum ever und überhaupt. Und wenn es uns gefallen hat, sollen wir es weitersagen, wenn nicht, nicht. Steven spricht auch zum Schluss nicht mit uns. Steven ist überhaupt einer der wenigen Schwachpunkte der Show. Er moderiert sie routiniert weg, es fehlt ihm an Persönlichkeit, an Witz. Das ist sehr schade.
Ein Besuch von „Schlag den Raab“ lohnt sich, aber er erfordert viel Sitzfleisch. Auch wenn es am Ende keine wirklich neuen Erkenntnisse brachte, war es doch spannend, das alles mal live zu sehen. Noch einmal muss ich das aber wohl nicht haben. So schön es auch war.
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