Bundespräsident Wulff stellt sich

MI 04.01.2012 | 20.15 Uhr | Das Erste

Ich bin erschüttert. Denn die Republik – unsere Republik – droht, sich zum Negativen zu verändern. Und zwar dann, wenn ein Ministerpräsident keine Freunde mehr haben darf. Und – böööse – schon gar nicht bei ihnen übernachten darf, ohne eine Rechnung zu verlangen.
Jedenfalls befürchtet das der Mann, der immer noch unser Bundespräsident ist. Aber Christian Wulff muss da irgendwas falsch verstanden haben. Wenn mal ein Freund bei ihm übernachtet, ist das was anderes, als wenn Politiker Wulff mit seiner Familie privat wochenlang und kostenlos im Ferienhaus eines bekannten Unternehmers wohnt.

Eigentlich wollte Christian Wulff mit dem Interview, das er Mittwochabend bei ARD und ZDF gab, den Befreiungsschlag schaffen. Doch die große Krischan-Show geriet zur Pleite für Krischan.
Nein, einem Live-Gespräch wollte er sich nicht stellen. Den Zuschauern wurde eine olle Konserve vorgesetzt. Live ist dem Herrn Wulff wohl zu brenzlig.

Es ist bestürzend naiv, was der Politiker seinem Volk zu sagen hatte. „Es gibt Menschenrechte selbst für Bundespräsidenten“, sagte er. „Ich will nicht Präsident in einem Land sein, wo sich keiner bei einem Freund Geld leihen kann.“
Dabei wollte Wulff erst gar nicht zugeben, von wem er die Kohle denn nun wirklich bekommen hat. Und als Politiker ist es natürlich ein Unterschied, ob man von igrendeinem Freund Geld leiht oder zufällig von einem Freund, der in der Wirtschaft aktiv ist.
Und scheibchenweise Fehler einräumen? Nein, sagt der Krischan, er habe doch alle 400 Fragen, die ihm gestellt wurden, beantwortet. Ist irgendwie nicht so rüber gekommen.

Und dass Wulff bei der „Bild“ angerufen hat, um den kritischen Bericht zu verhindern, stimme auch nicht. Er wollte nur einen Aufschub um einen Tag, sagt er. Das bestreitet die „Bild“, aber Wulff zeigt seine Transparenz, in dem er verbietet, den (ihn nicht entlastenden?) Mitschnitt zu veröffentlichen. Wer lügt denn da?

Wulff bleibt. Nach fünf Jahren will er zurückblicken und sagen: Er war ein guter Präsi, so meint er.
Oha, Krischan. Na dann gucken wir mal. Unser Bundespräsident ist jedenfalls nicht mehr der, der uns ins gute Gewissen reden könnte. Er hat ja selbst keins.


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