SO 16.02.2025 | 23.35 Uhr | Das Erste
Alle gegen Tino Chrupalla. Der AfD-Mann muss sich ganz schön was anhören. Skeptische Fragen, Vorwürfe, und das 45 Minuten lang.
Nun könnte man sagen: Typisch ARD, dass wieder einseitig draufgehauen wird. Die Einseitigkeit ist in dieser Show allerdings in der Tat das Konzept.
Am späten Sonntagabend lief im Ersten die zweite Folge des neuen Talkformates „Hart aber fair 360“. Louis Klamroth moderiert zwar, aber es ist nicht er, der die Fragen stellt.
Die Sendung funktioniert so, dass ein Politiker in der Mitte eines Stuhlkreises sitzt. 25 Menschen sitzen um den Stuhl herum. Sie alle wollen dem Politiker auf den Zahn fühlen, alle sind sie gegen ihn, versuchen ihn, mit ihren Argumenten und Fragen aus der Reserve zu locken. Und für den gast geht es darum, sich gegen die Leute durchzusetzen.
Damit weicht dieses Format sehr ab von den herkömmlichen Talkrunden. Hier sind es ausschließlich Bürgerinnen und Bürger, die Fragen stellen. Im Idealfall kommen die Politgäste dabei ins Schwitzen. Wir sehen, was die Menschen beschäftigt und ob sie genug im Thema stehen, um den Politiker aus der Reserve locken zu können.
Das ist sehenswert.
Auch weil sich die Politiker eventuell anders verhalten. Am Sonnabend war Robert Habeck (Grüne) zu Gast, und er wirkte oft auf eine seltsame Art überheblich. Mit einem schiefen Grinsen saß er da, aber vielleicht war das auch nur Angestrengtheit. Auch er war allein gegen die 25, und er musste sich einiges anhören. Die Auftaktshow mit Habeck hat gut funktioniert.
Die Sendung mit Chrupalla dagegen war schwierig. Die Menschen, die mit dem Vertreter der in Teilen rechtsextremen Partei, redeten, waren oft sehr emotional. Sie hatten ein problem, konnten es aber oft nicht genug mit Fakten untermauern, und Chrupalla war Profi genug, um diese Menschen fast allesamt abzubügeln – mitunter auch überheblich und arrogant. Er nutzte die Unsicherheit der Leute ziemlich eiskalt aus. Am Sonntag ist die Show eher gescheitert.
Aber ganz grundsätzlich hat „Hart aber fair 360“ sehr großes Potenzial eine Art Bürgertalk zu werden. Davon braucht das deutsche Fernsehen wirklich mehr. Nicht nur, wenn Wahlen vor der Tür stehen.
-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 16. Februar 2026)
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