FR 13.10.2023 | 22.40 Uhr | Das Erste

Für Jannik und Tai ist es ein großer Moment: Sie sehen eines Abends ihren Schuldirektor sturzbesoffen auf einer Parkbank liegen. Tai kann es nicht lassen, den Mann auf dem Handy zu filmen.
Sie beschließen, ihm einen Streich spielen: Sie wollen ihn in seiner eigenen Wohnung einschließen. Tatsächlich gelingt es ihnen, den Direktor einzusperren.
Die beiden Jungen sind 17 und erst seit kurzem Freunde. Jannik kann ehr gut Klavier spielen und er scheint jeden klassischen Komponisten und dessen Werke zu kennen. Tai ist technisch versiert, und er nimmt Jannik zum in die große vietnamesische Markthalle.
Sie entern die leer stehende Wohnung neben der vom Direktor und beobachten, was er tut – und reden über ein Computersystem mit ihm. Und so beginnt der Mann zu reden: über seine Familie, an dessen Zerrüttung er mitschuld ist und über die Schülerin, die kürzlich vom Dach gesprungen ist – ist er auch daran mitschuld?
Jannik hat aber noch ein ganz anderes Problem: Er hat sich in Tai verknallt. Und kann es sein, dass Tai das auch erwidert?

Der Roman „Nackt über Berlin“ von Axel Ranisch war schon ein echtes literarisches Highlight. Am Freitagabend lief im Ersten die sechsteilige Serie dazu – und Axel Ranisch hat am Drehbuch mitgearbeitet und führte auch Regie. Das merkt man der Serie auch an – mit Liebe zum Detail, warmherzig, liebevoll, witzig, traurig, spannend, auch romantisch.

Es geht um das Erwachsenwerden. Denn Jannik muss lernen, sich gegenüber seinen Eltern durchzusetzen. Sein Vater macht ihn immer wieder nieder, selbst vor Tai führt er seinen Sohn vor. Tai ist es, der Jannik so sieht, wie er ist, der ihn fordert und fördert.
Fast stört da ein wenig die Geschichte über den Schuldirektor, sie sorgt aber im Laufe der Zeit für neue Spannung, weil mehr und mehr aufgelöst wird, was mit der Schülerin passiert war, die vom Dach gesprungen war – und wieso Tai das so beschäftigt.

Die beiden jungen Darsteller sind phantastisch. Insbesondere Anh Khoa Tran, der Tai spielt, ist eine nicht nur eine tolle Entdeckung – er ist eine Wucht. Vom spitzbübischen Jungen, der Freude ausstrahlt, im nächsten Moment Nachdenklichkeit und auch Liebe. Seine schauspielerische Leistung ist faszinierend, und man kann nur hoffen, dass wir von ihm in Filmen und Serien noch sehr viel mehr zu sehen bekommen. Gemeinsam mit Lorenzo Germeno (Jannik) bildet er ein richtig gutes Duo.

„Nackt über Berlin“ ist gut gemachtes, liebevoll hergestelltes Stück Fernsehen mit Herz, Humor und Spannung.

-> Die Serie in der ARD-Mediathek (bis 6. April 2024)