Ernstfall – Regieren am Limit

MO 11.09.2023 | 20.15 Uhr | Das Erste

Viele Monate war der Dokumentarfilmer Stephan Lamby mit Mitgliedern der Bundesregierung unterwegs. Er hat Einblicke bekommen, die vermutlich sonst keine oder Kaum Journalisten bekommen haben.
Und er bekam es während der Dreharbeiten mit einer vollkommen neuen Situation zu tun: dem Krieg in der Ukraine und den Folgen für Deutschland.
Deshalb war es auch spannend, ob er mit seinem fertigen Film Einblicke liefern kann, die so noch nicht bekannt waren.
Um es kurz zu machen: konnte er nicht.

Am Montagabend lief im Ersten die Doku „Ernstfall – Regieren am Limit“. Lamby begleitete Olaf Scholz, Christian Lindner, Annalena Baerbock, Robert Habeck und weitere Politgrößen durch ihren Berufsalltag, der dann kein Alltag mehr war.

Jetzt, anderthalb Jahre nach Kriegsbeginn in der Ukraine war ja schon die Frage: Was lief damals in der Regierung ab?
Doch der Film liefert keine Antworte darauf – jedenfalls keine, die wir nicht schon kannten. Das ist so bemerkenswert wie enttäuschend.

In konservativen Kreise wird der Film in der Luft zerrissen wegen angeblicher Kritiklosigkeit, der ja typisch öffentlich-rechtliches Fernsehen sei. Dabei geht es dem Filmemacher eigentlich nicht darum, zu kritisieren oder zu kommentieren. Zumal die Kritik aus de Situationen heraus entstand. In einem Interview mit Habeck wollte Lamby wissen, was denn die Geheimdienste über die Ukraine-Lage wussten – und dass der deutsche Geheimdienst offenbar die Lage komplett fehleingeschätzt hatte.

Dass der Film aber beim genauen Betrachten nichts Neues zu erzählen hat, ist erstaunlich. Keine wirklich aufregend exklusiven Eindrücke und Gespräche, keine Erhellungen darüber, wie bestimmte Entscheidungen getroffen wurden – nicht mal ein wirklicher Eindruck davon, ob der Schock beim Kriegsbeginn tief saß. Irgendwie habe wir alles schon gesehen.

Ist ein Reporter viele, viele Monate so dicht am Geschehen dran, sollte die inhaltliche Ausbeute größer sein. Nur um noch mal zurückblicken zu können, braucht man eine solche Langzeitdoku nicht.

-> Die Doku in der ARD-Mediathek (bis 18. September 2023)


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