Liebesg’schichten und Heiratssachen

MO 10.07.2023 | 20.15 Uhr | ORF2

Renate ist 77 und seit vier Jahren Witwe. Renate will nicht mehr alleine sein. Sie sucht einen netten Mann.
Wir sehen sie, wie sie sich in ihrer Wohnung um die Blumen kümmert. Sie war Friseurin, sie hatte einst drei Geschäfte. Das war ihr Leben.
Wie der Mann aussehen soll, das ist ihr eigentlich egal. Und was ist mit Erotik? Es gibt Streicheleinheiten, sagt sie.

Seit 26 Jahren laufen immer im Sommer montags zur besten Sendezeit auf ORF2 die „Liebesg’schichten und Heiratssachen“.
Es ist – man kann es nicht anders sagen – das gute, alte Fernsehen. Ein bisschen langsam, sehr fokussiert. Aber erstaunlicherweise auch nicht unmodern wirkend. Aber schon auffällig, weil extrem unaufgeregt.

Wer „Bauer sucht Frau“ kennt, weiß, dass man eine Partnersuche ziemlich aufmotzen kann. Durch lustige Gags, durch lustige, schrullige Leute, manchmal auch durch Lächerlichmachen.
All das sind die „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ auf ORF2 nicht.
Die Sendung funktioniert sehr simpel: Nina Horowitz besucht Singles in ihrem Zuhause und stellt ihnen Fragen. Die Moderatorin selbst sieht man dabei gar nicht, immer nur die Singles. Das Gespräch wirkt wie ein Casting. Die Frau im Hintergrund stellt Fragen, und wir sehen die Singles bei der Antwort. Wie sie überlegen, reden, schmunzeln oder auch mal sehr ernst sind. Wenn Renate davon erzählt, wie ihr Mann an Krebs starb. Dazwischen sehen wir immer wieder Eindrücke aus der Wohnung. Langsame Schnitte, kaum Schwenks. Sehr konzentriert.

Manfred ist 43, Zimmerer aus Niederösterreich, muskulös, sportlich, eher klein. Stehen die Damen auf Muskeln, fragt die Moderatorin im Hintergrund. Manfred überlegt: „Weiß ich nicht“, sagt er. Die einen ja, die anderen nicht. Auch Manfred will nicht mehr alleine sein, aber muss man auch wissen, dass immer am Wochenende sein Sohn bei ihm lebt.

In den Interviews erfahren wir schlicht und einfach, wer diese Menschen sind, die neuen Anschluss suchen. Was sie sich wünschen, was sie so machen, auch was sie erlebt haben und was sie vielleicht noch erleben möchten. Über vergangene Beziehungen, über Brüche im Leben.
Immer wieder unterbrochen von Szenen, die die Person im Leben zeigen, unterlegt mit Schlagern oder Popmusik.

Man könnte jetzt meinen, das sei ein Nischenprogramm. Aber die „Liebesg’schichten und Heiratssachen“ auf ORF2 sind ein echtes Erfolgsprogramm. Am Montag sahen 761.000 Menschen zu. Umgerechnet auf Deutschland wären das um die 7 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil bei den 12- bis 29-Jährigen lag bei erstaunlichen 24 Prozent. Letztes Jahr waren es sogar 838.000.
So oder so: Für diese Art von Sendung sind das gigantische Werte.

-> Die Sendung in der ORF-TVThek (bis 17. Juli 2023)


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