Wider den tierischen Ernst 2023

MO 06.02.2023 | 22.10 Uhr | Das Erste

Bei der CDU ist man empört. Sehr empört. Also, wirklich sehr, sehr empört. Beim Orden „Wider den tierischen Ernst 2023“ hat die FDP-Frau Marie-Agnes Strack-Zimmermann eine Karnevalsrede gehalten, die sich gewaschen hat. Und die hat der CDU… also, sagen wir mal: nicht so gefallen. Denn Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat nach deren Meinung in inakzeptabler Weise auf ihren Vorsitzenden Friedrich Merz draufgehauen.
Das hat sie durchaus – aber die Empörung wirkt, als habe sie ausschließlich über Merz gesprochen und habe kein anderes Thema gehabt. Vielleicht haben die Kritiker aber auch nur den entsprechenden Ausschnitt gesehen und nicht sich – wie leider so oft – nicht das ganze Bild gemacht.

Der Orden „Wider den tierischen Ernst“, der im Ersten ausgestrahlt wird – in diesem Jahr am Montagabend wegen des Erdbebens in der Türkei und Syrien nicht in der Primetime – ist immer etwas Besonderes. Denn während dieser Show dürfen sich auch Politiker auf die Bühne stellen und eine karnevalistische Rede halten. Das machen sie mal mehr, mal weniger gut. Mal mehr pointiert, mal weniger.
So bekam in diesem Jahr die Außenministerin Annalena Baerbock den Orden „Wider den tierischen Ernst“ überreicht und durfte dazu auch eine Rede halten – die allerdings sehr zahm war. Was nicht weiter verwunderlich ist, weil in der aktuellen Zeit jedes – wirklich jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird. Sicherlich auch zurecht.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann musste sich dagegen nicht zurück halten. Selbstironisch hieß es in ihrer Büttenrede: „Ach Spieglein, mich interessiert es einen Driss, wer unter mir Minister ist! (…) Als Mensch, als Frau, als Silberrücken, konnt‘ ich schon Düsseldorf entzücken! Von Kopf bis Fuß ganz formidabel, ohne Zweifel ministrabel. In jeder Talkshow ein Gewinn, weil ich die Allergeilste bin.“

Sie hatte es vor allem auf die Männerwelt abgesehen. „Ich komme heut als Königin, weil ich derzeit die Böse bin. Böse auf der Zwergen-Schar, die toxisch‘ Männlichkeit gebar. Ihr kennt die Zwerge, die ich meine, mit ihrem Ego nahe der Beine.“ Sie teilte kräftig gegen Marcus Söder aus – und dann gegen Friedrich Merz: „Nach außen bürgerlicher Schein, im Herzen aber voll gemein. Wer vor Krieg geflohen ist, verhöhnt er als Sozialtourist. Heißt ein Junge Ali und nicht Sascha beschimpft den als Grundschul-Pascha. Und alle Klimaaktivisten sind für ihn nur noch Terroristen. Doch treibt’s ein Nazi-Prinz zu wild, dann wird der Flug-Zwerg plötzlich mild. Beherzt er auf die Schwachen drischt, weil er so gern im Trüben fischt. Gerade die, die christlich selbst sich wähnen, sollten sich für ihn was schämen.“

Das ist harter Tobak, aber im Grunde genommen ist es dann doch nur eine Mischung aus der Nennung von Fakten und auf scharfe Weise die kritische Äußerung dazu – Ähnliches hört man gern auch mal im Bundestag oder in Talkshows. Dass sich die FDP-Frau dafür bei Merz entschuldigen soll, das ist dann doch ziemlich lächerlich. Zumal sie später in ihrer Rede noch über Putin, Erdogan und Xi hergezogen ist. Merz war also nicht allein.

Kritiker sagen, dass doch im Karneval normalerweise von unten nach oben getreten wird. Das sei bei Marie-Agnes Strack-Zimmermann anders gewesen. Dennoch kann man darüber streiten, ob sie von oben nach unten getreten habe – weil Merz und die CDU ja nun wirklich nicht „unter“ der Rednerin stehen. Und dass sich Merz seine verbalen Verfehlungen vorhalten lassen muss – das ist etwas, was eigentlich normal ist. Und zu sehen, wie Merz im Publikum sitzt und sich das alles mit versteinerter Miene anhören muss – das war auf jeden Fall spannend! Und dass er sich nun als Opfer sieht – das ist dann wohl tyisch.

Nun kann man natürlich über Humor streiten – aber dass eine Karnevalsrede sowohl lustig, als auch durchaus ernsthaft auf den Punkt treffen kann, das ist eigentlich nichts Neues. Satireshows wie die „heute show“ sind schließlich in ihrer Satire auch nicht immer lustig.
So ist dieser, nun ja, Ärger wohl auch nur wieder einer dieser Skandale, von der alle profitieren. Vermeintliche Opfer, Meinungsseiten im Internet (Empörung bringt Klicks), die Politiker selbst.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (die Rede ab 16:48 Min / bis 6. Februar 2024)


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