Kuntergrau

SO 10.01.2021 | Youtube

Diese Serie ist in verschiedener Hinsicht erstaunlich. Alle, die daran beteiligt sind, machen das ehrenamtlich. Niemand verdient daran, niemand bekommt dafür Honorar. Es gibt nur 15 Folgen – aber andererseits ist das angesichts der ehrenamtlichen Arbeit dann doch viel. Und dafür sieht die Serie aus wie ein Hochglanzprodukt, das auch ganz normal im Fernsehen laufen könnte.
Produziert wird „Kuntergrau“ von einem Verein. Der anyway e.V. betreibt aber vor allem in Köln ein LGBT*-Jugendzentrum.

Es geht um die Freunde Jan, Marcel und Leopold. Und um Lukas, der neu nach Köln zieht und dort schnell auf Marcel trifft, der ihn erst mal abschleppt. Später allerdings verlieben sich Leopold und Lukas. Jan hat unterdessen Probleme mit seinem Freund, weil der auch auf SM-Praktiken steht, mit denen Jan nichts anfangen kann. Die Beziehung zerbricht, und Jan gerät in einen ziemlich bedrückenden Strudel aus käuflichem Sex. Und Marcel, der eigentlich eher auf Sex aus ist, lernt Philipp kennen. Sie beginnen eine für Marcel erstaunliche romantische Beziehung – wenn nicht zwischen beiden ein Geheimnis stehen würde.

Besonders an „Kuntergrau“ ist auch, dass es in dieser Serie hauptsächlich um schwule Jugendliche geht – und zwar geht es explizit nicht um das Coming-Out. Das haben sie hinter sich. Es geht um ihre Probleme und Sorgen, um Freundschaft und Beziehungen oder auch um den Rückhalt in der Familie, der manchmal hart zu erkämpfen ist.
Dabei hat „Kuntergrau“ fast auch einen Bildungsinhalt. Denn ein Schwerpunkt ist der Umgang mit HIV, das aus dem Bewusstsein vieler Jugendlicher längst verschwunden ist. Es geht dabei aber nicht ums Angstmachen, sondern um einen guten, sorgsamen Umgang damit – und um die Aufklärung darüber, was geht und was eventuell nicht geht.

Ganz bitter wird es zu Beginn der 3. Staffel, wenn ein Mitglied aus der Gruppe brutal zusammengeschlagen wird. Die Serie thematisiert auf extrem bedrückende, schockierende und berührende Art und Weise Gewalt gegen Homosexuelle – und in diesem Fall aus purer Willkür. Damit legt „Kuntergrau“ in den Finger in eine klaffende Wunde, denn diese Art der Gewalt ist in Deutschland längst nicht verschwunden – die Übergriffe nehmen stattdessen zu.

Dafür, dass in „Kuntergrau“ ganz überwiegend Laien spielen, merkt man der Serie nur sehr selten an. Schauspielerisch gibt es ganz starke Momente – verstärkt durch ein gutes Drehbuch. Die Kamera konzentriert sich zudem sehr auf die Menschen, ihre Bewegungen, ihre Rührungen in den Gesichtern. Das macht es fesselnd.
Nach den 15 Folgen ist nun Schluss. Das ist schade.

-> Die Serie auf Youtube


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