Brandenburg aktuell: Chefredakteur zum AfD-Sommerinterview

MI 08.07.2020 | 19.30 Uhr | rbb

Beim rbb haben diverse Redaktionen und damit auch Journalisten recherchiert, was es mit dem Rechtsextremismus und mit dem Brandenburger AfD-Vorsitzenden Andreas Kalbitz auf sich hat. Allerdings scheinen das Leute zu sein, die nicht mehr beim rbb sind, die gerade nicht verfügbar sind, die vielleicht gerade im Urlaub sind, dessen Bürotüren leider abgeschlossen sind, deren Telefone alle kaputt sind oder mit denen man schlicht nicht redet, wenn man ein Interview mit Kalbitz plant.
Anders ist nicht zu erklären, was da beim rbb passiert ist.

Am Sonntag gab es in „Brandenburg aktuell“ eine neue Folge des Sommerinterviews. Die Sendungen werden immer an einem See aufgezeichnet, der Interviewte kann bestimmen, wo. In Senzig, am Seeufer plaudert die rbb-Frau Stephanie Teistler mit Kalbitz erst mal locker-flockig über Corona und Schlachtbetriebe.
Wie schön, und wie kuschelig.
Aber wäre es nicht erst mal spannender gewesen, Kalbitz zu fragen, warum er überhaupt noch in der AfD ist? Was denn nun mit dem parteiinternen Zoff ist? Das tut sie dann kurz vor Schluss, allerdings will sie von ihm nicht wissen, was Sache ist, sie spricht ihn auch nicht auf das Rechtsextremismus-Problem in der AfD an, sondern will wissen, was das mit dem Parteiarbeit macht. Ach Gottchen. Und sie fragt, ob Kalbitz was merke, dass seine Partei jetzt vom Verfassungsschutz beobachtet werde. Nein, er merke nichts, und er findet es auch doof, dass der Verfassungsschutz tut, was er tut. Ach was.

Es sind Fragen, die so tun, als seien sie irgendwie kritisch. Das sind sie aber nicht. Eigentlich gibt ihm die Interviewerin immer wieder nur die Möglichkeit, sich aus allen Problemen rauszureden, und kritische Nachfragen sind schon mal gar nicht drin.
Knappe sieben Minuten dauert diese Interview-Katastrophe. Der rbb raunt hier und da, dass es im Netz auch eine 40-Minuten-Version gäbe, verlinkt aber immer nur die kurze Version, die auch im rbb lief.

Am Mittwoch äußerte sich rbb-Chefredakteur Christoph Singelnstein zu diesem Interview, das für viel Kritik gesorgt habe. Er hat eine bessere Zusammenarbeit der rbb-Redaktionen angemahnt.
Das ist ausweichend und hochgradig peinlich. Erstens sollte doch drauf geachtet werden, wenn der rbb ein Interview mit AfD-Kalbitz plant, dass man das entsprechend vorbereitet. Jeder Redakteur, jede Redakteurin sollte wissen, worum es geht, wer da sitzt und was man da mal kritisch nachfragen sollte.
Und dass Singelnstein jetzt davon faselt, dass Redaktionen nicht zusammenarbeiten, dann muss man sich natürlich fragen, wer für solche Dinge zuständig ist. Ups, vermutlich Christoph Singelnstein.
Das war eine ganz schwache Leistung. Von der Interviewerin, von der Redaktion drumherum und natürlich auch vom Chef selbst.

-> Das Interview auf rbb24.de
-> Die Stellungnahme auf rbb24.de


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