Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa

MI 21.06.2017 | 22.15 Uhr | Das Erste

Da ist wohl alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Und das bei einem so wichtigen Thema wie Antisemitismus und Judenhass.
Der WDR und arte haben eine Doku in Auftrag gegeben, die sich damit auseinandersetzen sollte.
Aber um „Auserwählt und ausgegrenzt – Der Hass auf Juden in Europa“ hat sich ein noch nie da gewesener Streit entbrannt.

Der Kulturkanal arte wies die Doku ab. Handwerkliche und inhaltliche Mängel, und die gab es wohl in großer Zahl. Beim WDR hat man daraufhin noch mal geprüft und ebenfalls Mängel festgestellt.
Die Nicht-Ausstrahlung sorgte dennoch für Empörung, und die „Bild“ hat den Film daraufhin illegal ins Internet gestellt – für 24 Stunden auf’s eigene Portal. Das muss man sich mal vorstellen, was passieren würde, wenn „Bild“-Inhalte irgendwoanders auftauchen würden. Da würde die „Bild“ aber Stunk machen – aber so ist das natürlich was ganz anderes, findet man bei der „Bild“.

Immerhin sorgte die Online-Ausstrahlung dafür, dass man in der ARD handelte. Innerhalb von ein paar Tagen, entschied man sich, das komplette Mittwochabend-Spätprogramm umzuschmeißen. Plötzlich gab es einen Sendeplatz, und ganz plötzlich schloss sich auch noch arte an, wo die Doku 45 Minuten nach der Ausstrahlung im Ersten lief.
Der WDR für diese Ausstrahlung aber eine Art „betreutes Fernsehen“ organisiert. Per Schrifttafel wurde auf die Mangel hingewiesen, immer wieder wurde der Film gestoppt und durch weitere vorgelesene Schrifttafeln ergänzt.

Wunderlich war im Anschluss die „Maischberger“-Sendung. Weil man ja lieber über das Thema und nicht so über den Film reden wollte, lud man die Autoren erst gar nicht ein. Wirklich toll: Da wird einen Abend lang auf sie eingedroschen, aber reden lassen möchte man sie nicht. Lieber möchte Sandra Maischberger über sie sprechen. Womit die Talkshow-Redaktion eindeutig Mist gebaut hat.

Was bei der Doku wirklich schief lief, wer wann mit wem oder nicht miteinander gesprochen hat, wie lange der Film im Archiv rumlag – all das lässt sich von hier aus nicht beurteilen.
Dass diese Affäre für alle Seiten peinlich ist – für die Filmemacher, aber auch für „Bild“, den WDR und arte -, das ist wirklich traurig.

Und die Doku selbst? Stellenweise schockiert sie, weil sie tatsächlich (aber auch wenig überraschend) einen tiefgehenden Judenhass aufzeigt. Allerdings ist die Machart des Filmes eher anstrengend. Viel wird mit eher störender Musik gearbeitet, mit Klängen, mit Effekten. Die „Erzähler“-Sprache reicht von nüchtern bis belehrend. Es ist schwierig, der Doku aufmerksam folgen zu können, sie ist viel zu vollgepackt. Da wäre weniger mehr gewesen.


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