ZDF Magazin Royale: Ukraine-Krieg

FR 04.03.2022 | 23.15 Uhr | ZDF

Es ist Krieg. Und er ist nicht all zu weit weg. Die Flüchtlingswelle erreicht seit vielen Tagen auch Deutschland. Die Ukraine wird unterdessen in Schutt und Asche gelegt. Darf man da im Fernsehen noch lustig sein?
Entweder es ist zeitlose Comedy, die unabhängig von allem sendbar ist – oder es schlägt die große Stunde der aktuellen Satiresendungen.

Florian Schroeder sagte es am Donnerstagabend im Ersten in seiner „Florian Schroeder Satire Show“: Jetzt die Klappe zu halten sei eine Kapitulation vor denen, die uns die Logik des Krieges aufzwingen wollen. Es folgte eine sehr ernste, unironische Rede zur Lage der Nation.
Ähnlich am Freitagabend im ZDF das „ZDF Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann, der in gut 25 Minuten aufzeigte, was dieser Krieg bedeutet und was seiner Ansicht gerade gewaltig schief läuft.

Schroeder berichtete davon, dass er durch und durch ein Friedenskind sei. Man müsse immer mit allen Seiten reden – mit dem Satz sei er groß geworden. Reden habe hier nichts gebracht, wie sich gezeigt habe. Und man sei blauäugig gewesen, wenn man gedacht habe, dass man Russland und Putin und die Art, wie er regiere irgendwie verstehen müsse. Am 24. Februar 2022 seien wir aus unserer Traumwelt gerissen worden und seien jetzt sprachlos angesichts der Dreistigkeit, Entschlossenheit und Härte von Putin, den wir immer nur verstehen wollten. Wir seien gescheitert, so Schroeder weiter. Weil wir geglaubt haben, der Krieg komme nicht wieder. „Wir dachten, er sei woanders, da, wo unsere Soldaten Brunnen bauen.“ In vielen Ländern seien autoritäre Regierungen an der Macht. Putin bringe zu Ende, was um ihn herum passiert sei. Die Freiheit der Nachwendezeit sei offensichtlich nur ein Zwischenspiel gewesen.
Es komme auf uns an. „Wenn ein Geflüchteter vor Ihrer Tür steht: Machen Sie ihm auf! Wenn Ihnen jemand mit der wirklich absoluten wahren Wahrheit kommt: Haben Sie Zweifel! Wenn Ihnen jemand von seinen Zweifeln erzählt: Hören Sie zu! Wenn Ihnen niemand mehr zuhört: Hören Sie auf zu reden! Wenn Sie reden, stellen Sie Fragen! Wenn Sie auf eine Frage keine Antwort wissen, dann schweigen Sie! Und wenn Sie schweigen, dann erwecken Sie nie den Anschein, als stimmten Sie zu. Und wenn Ihnen jemand sagt, Frieden gibt es nur mit Waffen, dann wissen Sie, Sie haben es mit einem gefährlichen Lügner zu tun. Und die sitzen nicht nur in der russischen Taiga. Der Lügner ist in uns allen, in Ihnen, wie in mir. Hören wir ihm genau zu, um im richtigen Moment Widerstand zu leisten.“

Jan Böhmermanns Sendung muss kurzfristig zusammengestrickt worden sein, denn seine Manuskripte lagen diesmal vor ihm auf dem Tisch. Dennoch wirkte es, als rede er sich am Freitagabend seine Gedanken von der Seele – zwischenzeitlich durchaus emotional. Seine Mutter sei in Polen geboren, er sei halb Nato, halb Warschauer Pakt. Er habe es sich in Westdeutschland leisten, Pazifist zu sein. Er sei Komiker geworden, und nun seien Komiker Präsidenten von Leid und Krieg. Es sei gerade mal anderthalb Jahrzehnte her gewesen, als Wolodymyr Selenskyj in der ukrainischen Version von „Let’s Dance!“ dabei war.
Es sei Krieg, „und zwar im Ernst“. Eine emotionale und intellektuelle Ausnahmesituation.
Böhmermann berichtete vom Krieg auf TikTok, von Propaganda im Internet, von Desinformation, er blickte zurück die die Jahre, in den die Kreml-Medien ihre gezielte Hetze verbreitete, den Desinformationskrieg längst führte. Von Schalke 04, die sich lange Zeit auf ihren russischen, regierungsnahen Sponsor verließen. Von der deutschen Regierung, die die Gas-Pipeline wollten, auch nach den Geschehnissen auf der Krim. Er zeigte, wie rassistisch der Krieg mitunter kommentiert wird, wenn es darum geht, zu sagen, warum es gute und schlechte Flüchtende gebe. Und auch Gerhard Schröder kriegte sein Fett weg – und überhaupt wir alle, die geglaubt haben: Wird schon nicht so schlimm.

Einen rührenden Moment gab es schon am Dienstagabend bei „Willkommen Österreich“ mit Grissemann und Stermann im ORF1. Die Showband Russkaja war auch diesmal mit dabei, aber Frontmann Georgij Alexandrowitsch Makazaria verzichtete auf das übliche Intro. Stattdessen gab es ein Gespräch mit Dirk Stermann, in dem Georgij seine Sicht auf die Lage schilderte – wie grauenvoll diese Situation sei und er im Grunde keine Worte habe. Am Ende umarmten sich die beiden Männer kurz.

Es ist eine Zeit, in der die Satire nicht ruhen darf. Aber mehr denn je muss sie sich positionieren, mehr denn je muss sie ernst sein, aber dennoch auch pointiert. Diese drei Sendungen – und auch „extra 3“ im Ersten haben diesen Spagat sehr gut hinbekommen.

-> Die Schroeder-Rede auf Youtube
-> Das „ZDF Magazin Royale“ in der ZDF-Mediathek (bis 3. März 2023)


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