Leute, Leute: Unterwegs in schwierigen Zeiten

Lucas Fünfhaus (31) aus Lehnitz kämpft als Veranstaltungstechniker mit den Umständen der Pandemie – im Sommer leistet er ein Wochenende Hilfe im Flutkatastrophen-Gebiet

MAZ Oberhavel, 22.12.2021

Lehnitz.
Es sind bewegte Zeiten für Lucas Fünfhaus. Der 31-Jährige aus Lehnitz ist eigentlich freier Veranstaltungstechniker. Aber nun ist das ja in Zeiten des Coronavirus so eine Sache mit den Veranstaltungen. Viele Jobs brachen weg. Stattdessen arbeitete er im Impfzentrum und war im Sommer im Hochwassergebiet.
Bis heute herrschen in der Event-Branche riesige Unsicherheiten. „Die Situation ist unplanbar“, sagt er. „Es weiß niemand, ob die aktuellen Hygienekonzepte etwas bringen und wie man damit umgehen soll.“ Planungen seien normalerweise langfristig. „Und es setzt sich ja niemand hin und plant, um dann drei Tage vorher neue Beschlüsse umsetzen zu müssen.“

Im Herbst 2020 nahm Lucas Fünfhaus an den Demonstrationen der Eventbranche teil, die bis heute kaum als Krisenbranche in der Pandemie wahrgenommen wird. Inzwischen ist er fest angestellt als Fachkraft für Veranstaltungstechnik bei einer Berliner Firma. „Die buchen mich seit langem.“ Ohne die Festanstellung hätte er vermutlich bis April keine Kunden gehabt. Kürzlich wurde erst bekannt, dass auch 2022 die Grüne Woche in Berlin ausfallen wird. Damit wäre er den ganzen Januar beschäftigt gewesen. „Das ist einfach weg und kommt nicht wieder.“
Immer mal wieder hört er dann: „Dann muss man sich eben umorientieren.“ Aber auch das sei nicht so einfach. „Man macht ja nicht irgendeinen Job, sondern etwas, was einen bewegt und die Leidenschaft ist. Und wir sind keine Schwerverdiener. Wir arbeiten oft zu schlechten Uhrzeiten.“ Wenn jemand aus der Branche rausgehe, mache er anderen ebenfalls Konkurrenz. Sei er aber erst mal weg, habe einen geregelten Job und ein besseres Einkommen – dann komme er oft nicht mehr wieder.

Auch beim Lehnitzer Karneval Klub (LKK) kümmert sich Lucas Fünfhaus um die Technik. „Es wird zwar noch geprobt, aber eigentlich ist das Vereinsleben auf Null zurückgefahren.“ Man traue sich noch nicht, alles abzusagen, die Seniorenveranstaltungen seien aufs Frühjahr verschoben. „Bei uns im Saal, wo wir sonst 130 bis 140 Plätze haben, dann auf Abstand zu gehen, klappt nicht.“ Seit 1997 ist er Mitglied im Verein, wie seine ganze Familie. Er tanzte bei den kleinen Funken und rutschte dann in die Techniksparte. Eigentlich beginnt am 1. Januar der Aufbau für die Shows. „Ein Riesenaufwand.“ Ob er damit anfängt, ist noch unklar.

Im Sommer arbeitete der Lehnitzer im Oranienburger Impfzentrum in der Turm-Erlebniscity. Ein Job, der ihm Spaß gemacht hat. Er war bekannt dafür, dass er über der FFP2-Maske noch eine rote Nase trug. „Die meisten Leute haben sich gefreut und meinten, es sei schön, mal was anderes zu sehen – und in der schweren Zeit auch mal ein Lächeln.“

Zur Fluthilfe kam er über eine Freundin, die in der Katastrophenregion wohnt. „Da wollte ich helfen.“ Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass er sich am Wochenende in die Sonne lege, während im Kreis Euskirchen die Not herrsche. An einem Freitag machte er sich los – nachdem er noch bis 21.30 Uhr gearbeitet hatte. Er hatte verschiedene Hilfsmittel und Materialien an Bord, auch ein Stromaggregat. Einen Kühlschrank, für den er bei Ebay 50 Euro bezahlen sollte, bekam er kostenlos – nachdem er gesagt hatte, wohin er das Teil bringen wollte.
Die Eindrücke bleiben: „Man fährt einen Berg runter, und plötzlich sieht man ein Auto auf dem Feld. Man fährt um die nächste Kurve, da liegt ein Auto auf dem Dach oder mehrere übereinander.“ Man kenne die Flutbilder aus dem Fernsehen, aber vor Ort sei es deutlich schlimmer gewesen. Ein Wochenende lang packte er mit an. „Am Abend hat man gemerkt: Die Leute sind so richtig kaputt, weil die seit Tagen gearbeitet haben.“ Dass ihm manche Leute von der Tour abgeraten haben, hat ihn geärgert. „Da wurde jede Hand gebraucht.“


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