Schneider jetzt bei Volt: Linke frustriert

Gemeindevertreter wechselt Partei – Wolf fordert Mandats-Aus – Gelassenheit in der Fraktion

MAZ Oranienburg, 1.12.2021

Vehlefanz.
Die Freude bei der kleinen Partei Volt ist offenbar groß: „Oberhavel hat seinen ersten Volt-Gemeindevertreter“, verkündete die Partei am Montag. Es handelt sich um den Vehlefanzer Carsten Schneider, Mitglied in der Gemeindevertreterversammlung in Oberkrämer. Er ist in der vergangenen Woche Volt beigetreten.
In einem Interview mit dem Blog „Europa erklärt“ sagte Carsten Schneider: „Auf kommunaler Ebene wird sich an der Arbeit in der Gemeindevertretung nicht viel ändern.“ Er wolle sich gemeinsam mit seiner Fraktionsgemeinschaft mit seinem Mandat weiter zum Wohle der Gemeinde Oberkrämer einsetzen, „und mich 2024 als Volta hoffentlich erfolgreich um ein Mandat in der Gemeindevertretung bewerben. Schön wäre es, wenn Volt im nächsten Gemeindeparlament Fraktionsstatus erreichen könnte.“ Ein Stadtverordneter der CDU sei es gewesen, der ihn auf die Partei hingewiesen habe.

Gar nicht glücklich damit ist allerdings Sebastian Wolf, der Vorsitzende der Linken in Oberkrämer. Denn Carsten Schneider hatte sein Mandat für den Gemeinderat über die Linke-Liste bekommen – aber auch nicht von Anfang an, denn Schneider war Nachrücker für Patrick Zechel, der weggezogen war. Nachdem Schneider vor einigen Jahren bei der SPD ausgetreten war, trat er später den Linken bei. Im Spätsommer dieses Jahres war er aber auch dort wieder ausgetreten und gehört nun Volt an.
„Dass ich nicht begeistert bin, ist keine Überraschung“, sagte Sebastian Wolf am Dienstag auf MAZ-Nachfrage. Als die Linken an ihn herangetreten seien, sei diese Entwicklung nicht zu erwarten gewesen. Dass Schneider nun als ursprünglicher Nachrücker für die Linken als Volt-Mitglied im Gemeinderat bleiben wolle, „das ist schon ziemlich frustrierend“, so Sebastian Wolf weiter. „Das ist nicht fein.“ Dass es Gründe für den Austritt gerade aus bundespolitischer Sicht gebe, könne er „in einigen Punkten“ nachvollziehen, aber „nur weil ich mit etwas nicht zufrieden bin, trete ich doch nicht gleich aus.“ Wolf fordert Schneider auf, sein Mandat im Gemeindeparlament aufzugeben, denn er sei ja auf der Liste der Linken gewählt worden. Wolf selbst wäre in so einem Fall vermutlich Schneiders Nachrücker im Gemeinderat.

Jörg Ditt (Grüne), der Fraktionsvorsitzende von Grüne/FWO/Schneider, sieht das gelassen. Es sei Fakt , dass es sich um ein persönliches Mandat handele, da könne jeder machen, was er will, sagte er am Dienstag in einem Gespräch mit der MAZ. Anders sei das, wenn jemand aus der Fraktion beispielsweise der NPD beitrete. „Aber ich sehe da keine Probleme bei der Volt-Partei.“ Er gehe davon aus, dass sich entsprechend auch der Name der Fraktion ändern werde. „Aber das muss in der Fraktion formell beschlossen werden“, so Jörg Ditt.

Auch Carolin Schmiel, die Justiziarin in der Gemeinde in Oberkrämer, sieht im Parteiwechsel Carsten Schneiders kein Problem. Es handele sich immer um eine Personenwahl. „Das Mandat hängt nicht von einer Mitgliedschaft ab“, sagte sie. Wie die Leute, die Schneider gewählt haben, das empfinden und bewerten, sei eine andere Sache.

Auf MAZ-Nachfrage bekräftigte Carsten Schneider am Dienstag, dass er im Oberkrämer-Parlament bleibe. In einer öffentlichen Facebook-Diskussion ging es am Montag und Dienstag jedoch heiß her. Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Noack schrieb: „Glaubwürdigkeit sieht anders aus! Mal sehen, für welche politische Kraft du am Ende der Wahlperiode 2024 in der Gemeindevertretung ein Mandat hast!“, schrieb er an Schneider gerichtet. „Da gibt es ja noch einige Optionen!“
Schneider wandte sich danach an die „Moralapostel“ von SPD und Linke, wie er schrieb. Und an die Linken gerichtet: „Was habt ihr euch seiner Zeit ein Loch in den Allerwertesten gefreut, als ich von der SPD-Fraktion in die der Linken gewechselt bin. Das Parteibuch hättet ihr mir damals lieber heute als morgen in die Hand gedrückt. Wo waren denn da eure moralischen Bedenken, die ihr mir jetzt vorwerft?“ Der Partei, der es nutzt, seien die „sogenannten moralischen Bedenken piepegal. Dass die Partei, die den Verlust hat, darüber sauer ist, das kann ich verstehen, aber in der Regel kommt so eine Entscheidung ja nicht von heut auf morgen, sondern bahnt sich über einen gewissen Zeitraum an. Ich zumindest habe in der Vergangenheit immer mit offenem Visier gekämpft.“

Volt bezeichnet sich als „erste paneuropäische Partei“. Grenzübergreifend mache sie Politik für ein föderales Europa. In 29 Ländern bewege sie Menschen, auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene Politik mitzugestalten. Volt sei paneuropäisch, pragmatisch und progressiv. Man wolle umsetzbare Vorschläge machen zur Lösung gesamteuropäischer Missstände.


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