Kein Actiondorf, aber viel Idylle

Ortsspaziergang durch Klein-Ziethen: Treffpunkt Bücherbox, Spider-Man grüßt von der Hauswand, und für die Kneipe wird ein Betreiber gesucht

MAZ Oberhavel, 10.11.2021

Klein-Ziethen.
Der Dorfplatz in Klein-Ziethen hat seinen Namen wirklich verdient. Es gibt einen Spielplatz, am Rand neuerdings eine Bücherbox, drumherum ältere Gebäude. In einem davon ist das Gemeindebüro von Ortsvorsteher Peter Gerlach.
Wir laufen los. Auf der linken Seite ist der Eingang zur Arztpraxis. Dass es im Dorf keine Kita mehr gibt, schmerzt viele Einwohner immer noch. „Das ist kein Actiondorf“, sagt Frank Christoph, der stellvertretende Ortschef. „Andererseits: Obwohl wir hier sehr dörflich sind, haben wir schnelles Internet.“ Trotzdem sei es ein Traum, wieder eine Kita zu haben. „Aber wir werden nicht viel größer werden“, sagt Peter Gerlach. Zu DDR-Zeiten gab es noch einen Konsum, dort wo das Gemeindebüro heute ist. „Der wurde von Erika Kaatsch damals mitverantwortet“, erzählt er. Um die wird in Oberkrämer gerade getrauert.
Wir erreichen das Ende des schmalen Weges Am Priesterfeld. Dort gibt es auf einem Feld noch freie Flächen. „Hier könnte noch was gebaut werden“, sagt Peter Gerlach. „Aber das ist nicht genehmigt worden.“ Es ist eine 4500-Quadratmeter-Fläche. „Da könnte man junge Leute ansiedeln.“

Der Weg führt links am Feld vorbei. Auf der linken Seite kommt nun eine Fläche mit viel Schilf. Er ist nicht zu sehen, aber: „Das ist der Dorfteich“, sagt Peter Gerlach. Es steht sogar eine Bank davor, aber man kann gerade nicht aufs Wasser sehen. Hin und wieder wird das Schilf vom Dorfteich entfernt, aber das sei dann immer eine größere Aktion. Wenn dann aber der Teich sichtbar ist, dann lässt sich erahnen, wie wunderschön diese Wohnlage ist. „Allerdings ist auch immer weniger Wasser drin“, sagt Frank Christoph. Der Teich trockne langsam aus. Ein Problem, das viele solcher Gewässer haben.

Der Spaziergang führt zum Kremmener Weg. Es ist relativ ruhig im Ort, nur sehr selten kommt ein Auto durch. Klein-Ziethen hat kaum Durchgangsverkehr. Auf ihrer Terrasse kümmert sich Gerda Kleeßen gerade um ihre Wäsche. Man kennt sich, man grüßt sich. Gerda Kleeßen hat sich lange um die Seniorenaktivitäten im Ort gekümmert. „Ich bin seit 1956 hier, mit Unterbrechungen“, erzählt sie. Sie war in Ludwigsaue. „Ich wäre da geblieben, wenn ich Arbeit gehabt hätte. Und ein bisschen Liebe war auch dabei“, sagt sie. Klein-Ziethen sei immer ein kleines Dorf gewesen, wo jeder jeden kannte. Und so wird auch jetzt ein bisschen geplauscht.
Gerda Kleeßen hat nach der Wende auch den Lebensmittelladen betrieben. Den im heutigen Gemeindesaal. „Zwei bis drei Jahre waren das. Aber bei Lidl war es nun mal billiger, haben die Leute gesagt. Da haben wir es dann sein lassen.“ Eigentlich sollte die Tochter übernehmen, dazu kam es dann nicht mehr.
Wir müssen weiter, und Gerda Kleeßen muss sich auch noch um die Wäsche kümmern. „In Klein-Ziethen werde ich bleiben“, sagt sie zum Abschied.

Über das Dorf fliegen die Kraniche. Sie kreischen. „Das Geräusch haben wir jeden Morgen“, sagt Peter Gerlach mit einem Blick nach oben. Blick fällt dann aber auf ein freies, recht verwildertes Grundstück. Dort scheint schon sehr lange nichts passiert zu sein. „Das war mal eine Schlosserei“, weiß der Ortschef.
An einer Rasenfläche auf der linken Seite der Straße steht ein Turm. „Ein Verteilerturm“, sagt Frank Christoph. Heute sei der aber leer. „Der wäre abgerissen worden, wenn der Bürgerverein Klein-Ziethen ihn nicht übernommen hätte.“ Jetzt sind da Vögel drin. Direkt gegenüber steht der alte Speicher. „Wir haben den Wunsch, ihn wiederzubeleben“, sagt Peter Gerlach. Ganz „tot“ ist das Gebäude wohl nicht, auch wenn es so aussieht, es dient noch als Lagerraum. Aber die Klein-Ziethener haben dafür ganz andere Ideen. „Wohnraum“, schlägt Peter Gerlach vor. Man könne auch Räume für eine Kita schaffen. Doch das Gebäude stehe wohl nicht zum Verkauf, somit bleibt der Traum wohl genau das.

Etwas außerhalb der Spazierstrecke liegt der neue Radweg nach Vehlefanz. „Wir sind froh, dass er da ist“, sagt Frank Christoph. Dort steht auch der Wegweiser nach Klein-Ziethen. „Es gibt verschiedene Schreibweisen“, sagt Peter Gerlach. „Klein Ziethen“ ohne Bindestrich oder auch „Kleinziethen“. Es gebe häufig Verwechslungen, weil es alle diese Schreibweisen in Brandenburg gibt. Die richtige: „Klein-Ziethen“ – mit Bindestrich.
Wir haben den Dorfplatz wieder erreicht. Mal gucken, ob es in der Bücherbox ein schönes Buch gibt.


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