Das Supertalent

SA 02.10.2021 | 20.15 Uhr | RTL

RTL hat seinen Berufspöbler aufs Abstellgleis gestellt. „Das Supertalent“ muss nach 14 Staffeln jetzt ohne Dieter Bohlen auskommen. Denn RTL will jetzt familienfreundlicher sein. RTL soll der neue Kuschelsender werden, und mit Dieter Bohlen will man bei RTL nicht kuscheln. Dass die Art und Weise seines Rausschmisses eher unfein war, hat mit Kuscheln allerdings auch nur wenig zu tun. Und wenn man schon mal dabei war, alles anders machen zu wollen, hat man gleich auch mal Daniel Hartwich kaltgestellt.
Allerdings stand die Show unter einem miesen Omen, und vermutlich huschte Dieter Bohlen bei den entsprechenden Meldungen ein Lächeln übers Gesicht. Denn gleich zwei der drei neuen Jurymitglieder fielen wegen des Coronavirus aus. Lukas Podolski wird wohl erst im Halbfinale dabei sein. Chantal Janzen… ähm, kenne ich nicht. Deshalb gibt es jetzt in jeder Show andere Jurymitglieder. In Staffel 15 ist also irgendwie alles wurscht.

Dass „Das Supertalent“ auch 2021 nahezu ungenießbar ist, liegt weniger an den Talenten oder den Leuten in der Jury. Das Problem liegt in der Nachbearbeitung der Show. RTL will Emotionen. Egal wie, egal welche, Hauptsache Emotion. Und wenn man sie im Schnitt erzeugen muss. Und wenn man sie bis zum Erbrechen überhöhen muss.
Die Staffel ist von einer Zehnjährigen eröffnet worden, die eine Stimme wie eine Operndiva hat, die seit Jahrzehnten auf der Bühne steht – wirkte fast wie ein falsches Playback.
Was angesichts der Stimme folgte, war: kollektives Ausrasten. Dazu gehören laut RTL-Emotionshandbuch: plötzliches Applaudieren aller im Saal. Aufstehen aller Leute im Saal. Applaus in Slomotion. Der Opa, der eine Träne verdrückt – in Zeitlupe. Die Jury, die große Augen bekommt. Nochmaliger ruckartiger Applaus, der scheinbar wahllos einsetzt. Noch mal der Opa in Zeitlupe. Nochmal das Publikum in Slomotion. Und dann wird der Gesang abrupt beendet, weil einer der Juroren irgendeine Superdings-Bewertung gibt und das Mädchen damit gleich mal ins Finale schießt. Es folgen: Konfetti in Slomotion, Applaus in Slomotion. Standing Ovations von Jury und Publikum in Slomotion, aufwallende Musik. Und der Opa, der sich in Zeitlupe eine (dieselbe wie vorhin?) Träne wegwischt und selig guckt.

So viel Emotion bewirkt bei mir nur eins: eine gegenteilige Emotion. Abwehr. Ich finde solche aufgebauschte Gefühlsduseligkeit einfach nur abstoßend. Ganz sicher fanden alle Leute toll, wie schön das Mädchen singt. RTL pampt allerdings eine Gefühlssoße drüber, die alles erstickt.
Eine Floskel, aber sie stimmt: weniger ist mehr.

-> Die Show bei TV Now


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert