Constantin Schreiber: Die Kandidatin

Deutschland, ungefähr im Jahr 2050. Bald ist Bundestagswahl. Sabah Hussein von der Ökologischen Partei (ÖP) ist die Kandidatin, die die aussichtsreichsten Chancen hat, neue Bundeskanzlerin zu werden. Für Deutschland wäre das ein neuer Meilenstein. Sabah Hussein ist Muslimin, ehemaliger Flüchtling, Feministin.
Ihr Rückhalt in der Bevölkerung ist groß – einerseits. Andererseits ist das Land tief gespalten. Die einen wollen die unbedingte Diversität in allen möglichen Institutionen und in der Gesellschaft allgemein. Es sollen Quoten eingeführt werden, wie viele Frauen, die einen Hijab tragen, in leitende Positionen sollen. die Polizei soll abgeschafft werden, stattdessen soll es eine Art Bürgerbewegung geben. Die „alte weiße Mann“ wird mehr und mehr zurückgedrängt.
Der Graben ist groß, die Mauern und der Groll auf beiden Seiten ebenfalls.

Der Nahost-Kenner und Tagesschau-Sprecher Constantin Schreiber hat mit seinem Roman „Die Kandidatin“ eine schwierige Vision eines Deutschlands im Jahre 2050 geschaffen.
Denn was sich heute teilweise schon andeutet, wird in seinem Roman auf die Spitze getrieben. Da ist auf der einen Seite eine Gesellschaft, die politisch korrekt sein will. Die Diversity feiert. Statt der deutschen Hymne eine Diversity-Hymne singt. Die jegliche Art der Diskriminierung geißelt. Die jeden verbalen Ausrutscher als Rassismus betitelt. Die unerbittlich ist, was andere Meinungen angeht. Und auf der anderen Seite die Menschen, die sich da nicht mehr mitgenommen fühlen, die angefeindet werden. Der Hass wird größer.
Constantin Schreiber übertreibt es in seinem Roman hier und da – wobei man sich da gar nicht immer so sicher sein kann. An manchen Stellen wirkt es sogar wie Satire. Ansonsten schildert er aber eine Vision, die durchaus realistisch erscheint.
Und als Leser stellt man sich ernsthaft die Frage, ob man das alles so eigentlich gut finden kann. Sicherlich ist es gut, wenn Diversität Einzug hält. Aber die Mauern, die da hochgezogen werden, die Intoleranz der Toleranten, der teilweise in Hass umschlägt und auf der anderen der Unmut der anderen.
Schreibers Roman wirkt mitunter wie ein Bericht, wie eine reine Beschreibung der Lage. Fast nüchtern. Aber das macht es vielleicht so – realistisch?

Constantin Schreiber: Die Kandidatin
Hoffmann und Campe, 205 Seiten
7/10


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