Der Geruch der Frau P.

Es ist ein merkwürdiges Geräusch, und es passt so gar nicht zum Film auf der großen Leinwand.
Jemand schnarcht.
Nun gut, es ist Sonntag, es ist auch schon nach 22 Uhr, und da kann man schon mal müde sein. Allerdings kann man das Nickerchen auch preiswerter haben als die 11 Euro Eintritt im Berliner Delphi Lux.

Der Herr ist schon vorher aufgefallen, denn er kam lange nach Filmbeginn in den Saal, er keuchte, er muss es eilig gehabt haben, um noch rechtzeitig anzukommen – was ihm nicht gelungen ist. Sein T-Shirt sah etwas verschwitzt aus. Seufzend ließ sich der stattliche Mann in seinen Sessel fallen.

Und manchmal ist es leider so, dass Menschen einfach ziemlich unangenehm sind. Denn der Herr schnarchte nicht nur ab und zu – meistens ist er relativ schnell vor Schreck wieder aufgewacht. Er roch auch. Und das sehr unangenehm. Obwohl ich gar nicht so dicht an ihm dran saß, wehte der Geruch rüber. Das fiel auch den Leuten auf, die auch in meiner Reihe saßen, und ich hoffte nicht, dass sie dachten, ich sei das.
Der Geruch erinnerte mich auf sehr unangenehme Weise an unsere alte Nachbarin schräg gegenüber. Frau P. hatte in ihrem Garten und im Haus diverse Katzen, unter anderem den fetten Pitti, vor dem ich als Kind Angst gehabt hatte. Frau P. roch dementsprechend muffig und nach Katzen. Und genau so roch der Typ – eine mehr als 35 Jahre alte Geruchserinnerung stieg mir in die Nase.

Kurz vor Schluss schnarchte der Typ dann sogar länger – dabei war der Film gar nicht so öde. Dafür ergriff er mit der ersten Abspann-Einblendung die Flucht – und alle anderen warteten ein wenig, bis der Herr sich wirklich entfernt hat.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert