Panorama – 60 Jahre

DO 10.06.2021 | 22.00 Uhr | Das Erste

Staatsfunk? Merkels Fernsehen? Regierungstreu?
Keine Ahnung, was Querdenker und Co. meinen. „Panorama“ kann es jedenfalls nicht sein. Denn das NDR-Magazin ist alles, aber nicht regierungstreu. Dazu gehen die Reporterinnen und Reporter den Herrschenden viel zu sehr auf die Ketten. Denken auf, klagen an.
Und damit ist „Panorama“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht alleine. Denn dieser öffentlich-rechtlicher Rundfunk setzt für für die Demokratie ein. Für die Bewahrung eben jener Demokratie, der Freiheiten, die wir haben.

Am Donnerstagabend feierte das Magazin im Ersten seinen 60. Geburtstag. Seit 1961 ist „Panorama“ auf Sendung. Zum Jubiläum berichtete Moderatorin Anja Reschke in eigener Sache.
Es ging um Hasskommentare, um den politischen und gesellschaftlichen Angriff auf den unabhängigen Journalismus und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Sie zeigte, wie die Angriffe auf die BBC in Großbritannien schon fruchten. Kampagnen gegen die BBC, die Forderungen nach weniger Geld. Und es wirkt: Eine Journalistin wurde vom eigenen Sender abgemahnt, nachdem sie kritisch über einen Politiker berichtete. Nicht der Politiker wurde abgemahnt, sondern die Journalistin. So geht es los.
In Sachsen-Anhalt verknüpft ein hoher CDU-Politiker eine Berichterstattung, die ihm nicht passt mit der Nicht-Erhöhung des Rundfunkbeitrages. So geht es los.
Andererseits regen sich Politiker auf, dass es zig Radio- und Fernsehsender gibt – aber die Länderparlamente sind es, die genau diese Programme beauftragt haben.
Auf rechten Demos, bei den Querdenker kündigen Redner schon mal an, die Journalisten aus ihren Redaktionshäusern zu jagen, wenn sie an die Macht kämen. Das sind doch mal Aussagen, die man sich auf der Zunge zergehen lassen sollte. Solche Leute wollen keine Pressefreiheit. Solche Leute wollen eine Diktatur. Also das, wovon sie heute teilweise behaupten, es gäbe sie schon.

Zudem besuchte Anja Reschke einen Hassmail-Schreiber. Er, ähm, beschwerte sic, weil die Moderatorin das Gendersternchen verbal benutzte – er beschimpfte sie aufs Übelste. Und als sie den Herren besuchte, nahm er nichts davon zurück und zeigte nur, was er für ein beschränkt-armes Würstchen ist, das von Frauen nur wenig hält, der Gendern doof findet, weil – also, so genau weiß er das gar nicht. Und der den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk hasst, weil das auch Sendungen laufen, die er nicht gut findet.

Wir müssen ganz sicher über den Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk diskutieren. Über die Programme. Über die Ausrichtung. Über die Diversität. Über die Zahl der Sender. Tabu sollte es aber sein, die Pressefreiheit zu beschneiden. Die Rechten wollen an dieses Tabu ran. Das gilt es zu verhindern.

Herzlichen Glückwunsch zu 60 Jahren „Panorama“. Auf viele weitere Jahre, die Missstände ans Licht bringen und die es den Herrschenden ungemütlich machen.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

3 Antworten zu „Panorama – 60 Jahre“

  1. ThomasS

    Ich bin überzeugt, dass wir Frau Reschke auch in der nächsten panorama-Ausgabe noch wiedersehen werden. Annsonsten sehen wir sie wahrscheinlich das nächste Mal im Internet. ?

    Selbstverständlich braucht es kritischen Journalismus, auch im TV.
    Fragt sich, wer soll das leisten? Mario Barth auf RTL, gesponsert von der Industrie …? Da halte ich das öffentlich-rechtliche Modell noch für das beste, auch wenn es in seiner derzeitigen Form alles andere als optimal ist. Dass Politik und Rundfunk durch den Rundfunkrat eng miteinander verknüpft sind, ist ja kein Geheimnis. Da können dann im Extremfall auch schon mal Köpfe rollen …

    Aufgefallen ist mir die positive Hervorhebung der „Haltung“, welche die Journalisten im Dienst der öffentlich-Rechtlichen beweisen. Das ist durchaus ein zweischneidiges Schwert. Natürlich ist es wichtig, Haltung zu zeigen. Andererseits nehme ich auch Stimmen ernst, die besagen, dass das ggfs. nichts mehr mit unabhängigem Journalismus zu tun hat. Besonders deutlich zeigt sich dies im Rahmen der Corona-Krise. Expertenmeinungen, die dem offiziellen Regierungskurs kritisch gegenüber stehen, sind im öffentlich-rechtlichen TV sichtlich nicht erwünscht. Und das hat ja tatsächlich einen Ansatz von „Staatsfernsehen“.

    Ich gehöre noch einer Generation an, die mit dem linearen TV aufgewachsen ist. Als ich jung war, waren über Antenne nicht mehr als 3 Sender zu empfangen und sie alle waren öffentlich-rechtlich. Ganz zu schweigen von unserem „Vierten Programm“, dem Fernsehen der DDR. Eine Medienvielfalt, wie sie heute herrrscht, war damals undenkbar.

    Wenn ich mir jetzt diesen 30-minütigen Rückblick auf 60 Jahre „panorama“ anschaue, habe ich beinah den Eindruck, man ist in der damaligen Zeit stecken geblieben. Heutzutage ist es eben nicht mehr aureichend, irgendeinem Politiker ein Mikrofon vor die Nase zu halten im Wissen darum, dass eh abgewunken wird, und das dann als investigativ zu verkaufen.

    Bei aller Knappheit der Zeit hätte man getrost auf einige Elemente verzichten können. So etwa die Daily Soap mit Frau Reschke als TV-Ansagerin in den 1960ern. Wie es damals zuging, wissen wir längst aus zahlreichen Degeto-Produktionen, die ebenfalls von uns finanziert werden. Auch das Interview mit dem Schreiber dieser Hatemails hätte man sich sparen können.

  2. ThomasS

    Alles in allem nehme ich aus diesem „Rückblick“ einen Eindruck mit, der sich in einem Wort zusammen fassen lässt: Er war tendenziös.

    Das beginnt bereits bei der Sendezeit. Warum hat man nicht mehr als 30 Minuten für 60 Jahre freischaufeln können, die das Magazin bereits existiert? 90 Minuten wären angemessen gewesen für ein Magazin, das man angeblich so sehr feiert. Das ist, als würde man einem verdienten Mitarbeiter zu seinem Jubiläum einen Schluck warmen Sekt einschenken, ihm einen feuchten Händedruck verpassen und ihn mit einem Schulterklopfen wieder in den Dienst schicken. Ich bin mir sicher: Nicht mal bei der fiktiven „Capitol“ Versicherung aus der Serie Stromberg hätte man sich sowas geleistet.

    Weiter geht es mir der Präsentation. Kennt noch jemand die legendären Jahresrückblicke von Doyé / Wiemers? Was hätten die nicht aus 60 Jahren „panorama“ machen können … mit aufwändigen Recherchen, klugen Zusammenschnitten und geistreichen Kommentaren. Eine Zwischenmoderation hätte ja gern sein dürfen. Aber in diesem Fall lief es auf eine One Woman Show hinaus. Originalmaterial war bei aller Zeitknapheit eher Mangelware. Stattdessen wurde alles dafür getan, dass sich Frau Reschke als kämpferische Journalistin in Szene setzen konnte. Dabei gerät sie allerdings selbst in die Defensive: Sie habe doch nur zweimal „gegendert“ … und dann schon solch ein Hate … ?

    Meine Meinung:
    Zweifellos hat „panorama“ in seiner 60-jährigen Geschichte als kritisches Magazin einiges geleistet, um der Politik auf die Finger zu schauen. In diesem Rückblick ist von diesem Geist jedoch nichts zu spüren. Im Gegenteil.

    Besser gar keine Ehrung als solch eine Pseudo-Veranstaltung.

  3. RT

    „Besonders deutlich zeigt sich dies im Rahmen der Corona-Krise. Expertenmeinungen, die dem offiziellen Regierungskurs kritisch gegenüber stehen, sind im öffentlich-rechtlichen TV sichtlich nicht erwünscht.“

    Ist mir vollkommen schleierhaft, wie du darauf kommst, da die Regierung auch vom ÖR bei dem Thema ordentlich aufs Dach bekommt.

    Ja, mehr Sendezeit wäre schön gewesen. Aber da hätte man ja im Ersten auf den Film zur Primetime verzichten müssen. Aber das geht ja nun wirklich nicht…. 😀

    Klar war die Sendung tendenziös. Das war in dem Fall aber Absicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert