Und morgen die ganze Welt

“Und morgen die ganze Welt” ist hochpolitisches und gesellschaftliches Kino, über das man diskutieren kann. Denn er beschäftigt sich mit der Frage, wie weit man gehen darf, um die Demokratie zu verteidigen.

Jurastudentin Luisa (Mala Emde) aus Mannheim will, dass sich in Deutschland etwas verändert. Denn es ist zu einem Rechtsruck gekommen. Nazis marschieren, geben Konzerte mit rassistischen Liedern. Auf Flüchtlingsunterkünfte werden Anschläge verübt. Auf Kundgebungen bringt sich die Partei “Liste 14” ins Gespräch, und immer mehr hören den Parolen zu. Luisa will das nicht länger mit ansehen. Sie schließt sich einer Antifa-Gruppe an und freundet sich mit Alfa (Noah Saavedra) und dessen besten Freund Lenor (Tonio Schneider) an. Sie sagen, Gewalt sei ein legitimes Mittel, um Widerstand zu leisten. Luisa nimmt an ersten Aktionen teil – die bald in Gewalt umschwenken. Für Luisa stellt sich bald die Frage: Wie weit kann sie gehen? Wie akzeptabel ist Gewalt?

Es kommt immer wieder die Frage auf, was denn schlimmer sei: Rechtsextremismus oder Linksextremismus? Ist beides gleich schlimm und zu bekämpfen? Oder ist, wie man auch öfter hört, der Linksextremismus besser, weil er den Rechtsextremismus bekämpft?
Regisseurin Julia von Heinz lässt den Zuschauer teilhaben an einer Entwicklung, die Luisa mitmacht. Denn das Ziel der Antifa-Gruppe ist, den Rechtsterrorismus zu bekämpfen. Der Film spielt aber auch genau damit, mit der Sympathie des Zuschauers. Denn als Gewalt ins Spiel kommt, die auch von den Linken ausgeht, da kommt man in Zweifel: Ist das nötig? Macht das Sinn? Und so grundsätzlich: Sind wir nicht alle (also, die meisten) Antifaschisten?
Dass die AfD nicht gerade Sympathien für den Film hegt, kommt nicht von Ungefähr. Die “Liste 14” ähnelt im Layout der AfD, der Zusammenhang zum Rechtsterrorismus wird gezogen.
Es ist faszinierend und spannend zu beobachten, in welchen Strudel Luisa gerät. Es gibt Szenen, die haben eine Wucht, die einen in den Bann zieht. Man sieht, wie Luisa zunächst zweifelt, man sieht ihre Angst, dann aber auch ihre Entschlossenheit.
Dramaturgisch kann der Film die Spannung nicht immer halten, das ändert aber nichts daran, dass das Werk, das für Deutschland ins Oscar-Rennen ging, ein filmisches selten erzähltes Thema aufzeigt.

-> Trailer auf Youtube

Und morgen die ganze Welt
D 2020, Regie: Julia von Heinz
Alamode Film, 111 Minuten, ab 12
7/10


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