Years and Years

DO 14.01.2021 | 20.15 Uhr | zdf neo

Die Serie nimmt einem den Atem. Sie bereitet ein mulmiges Gefühl. Irgendwie macht sie auch Angst. Weil alles so realistisch erscheint. Weil es durchaus möglich ist, was wir dort sehen.
Die britische BBC-Serie „Years and Years“ zeigt uns den Abgrund.
Alle sechs Folgen liefen am Donnerstagabend bei zdf neo am Stück.

Es ist das Jahr 2019, die Familie Lyons gehört zur Mittelschicht, die haben ein recht gutes Leben. Stephen ist Finanzberater, seine Frau ist Buchhalterin. Sie haben zwei Töchter. Stephens Bruder Daniel arbeitet beim Wohnungsamt und will bald seinen Freund Ralph heiraten. Seine Schwester Rosie, die im Rollstuhl sitzt, arbeitet in einer Schul-Cafeteria, sie kümmert sich allein um ihre beiden Söhne. Seine Schwester Edith ist für Hilfsorganisation in aller Welt unterwegs. Muriel, hochbetagt, sorgt dafür, dass ihre Enkel mit ihren Familien mindestens einmal im Jahr an ihrem Geburtstag zusammenkommen.
Doch die Feier 2019 ist eine Zäsur: Die Sirenen heulen. Es wird der Kriegszustand ausgerufen, nachdem China eine Atombombe gezündet und daraufhin die USA ihre gezündet hat. Eine chinesische Insel wird getroffen.
Es ist der Beginn einer Zeitenwende.
In den USA wurde Trump wiedergewählt, er ließ die Bombe zünden. Deutschland trauert um Angela Merkel. Und in Großbritannien buhlt eine Populistin um Macht – mit Aussagen, die schockieren. Und ihre Fans in Jubel ausbrechen lassen. Mit der Wirtschaft geht es bergab, die erste Bank geht pleite. Flüchtlinge kommen aus Osteuropa.
Und Familie Lyons mittendrin. Nach und nach verlieren sie alles. Haus, Geld, Sorglosigkeit und Sicherheiten.

Russell T. Davies schrieb das Drehbuch für diese fesselnde Serie, die 2019 schon bei der BBC zu sehen war und dort noch komplett in die Zukunft blickte. Entworfen wurde eine Welt, die komplett aus den Angeln gerät: gesellschaftlich, politisch, wirtschaftlich.
Das zu erleben, gerade anhand dieser Familie, ist hart, und das zehrt an den Nerven. Es erzeugt Grusel, weil die Szenarien absolut nicht aus der Luft gegriffen sind. Denn in ihrer Angst, Naivität und Verzweiflung machen auch die Lyons Fehler, über die man sich wundert – oder auch nicht.

Emma Thompson spielt in „Years and Years“ die Populistin Vivienne Rook, die sagt, was sie denkt und was viele nicht aussprechen würden. Sie verspricht keine weltpolitischen Dinge, sie bewegt sich ausschließlich auf der Ebene der Menschen und ihrem Umfeld. Israel? Ist ihr wurscht. Das sagt sie voller Überzeugung, und die anderen sind erschüttert, und die andere finden es toll. Sie kämpft darum, ins Parlament zu kommen. Emma Thompson spielt das großartig. Aber auch die Darsteller der Familie zeigen auf unglaublich eindringliche Art, wie ein Gefüge regelrecht wegbrechen kann.

Eine tolle, aber eben auch schwer aushaltbare Serie. Das macht sie relevant und wichtig. Sie wäre im ZDF-Hauptprogramm sehr gut aufgehoben gewesen, stattdessen hat sie zdf neo an einem Donnerstagabend am Stück versendet, die letzte Folge endete gegen 2 Uhr. Wichtiger erscheint für das ZDF die Bereitstellung in der Mediathek. Aber die Serie hätte einen größeren Auftritt verdient gehabt.

-> Die Serie in der ZDF-Mediathek (bis 24. Oktober 2021)


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