MI 06.01.2021 | 20.20 Uhr | Das Erste
Seit der Wende hat Andy Brettschneider (Charly Hübner) Karriere gemacht. Er ist Investmentbanker in der Frankfurter Finanzwelt. Ihm geht es finanziell richtig gut, er ist alleinstehend, so steht also auch dem nächsten Karrieresprung nichts im Weg.
Bis dieser Brief kommt. Anonym verfasst. In diesem Schreiben wird ihm vorgeworfen, im Sommer 1990 bei einer Party eine junge Frau vergewaltigt zu haben.
Andy weiß: Es geht um eine Sommerparty unter Freunden, im Jahr der Wiedervereinigung, in der Zeit der Fußball-WM. Er weiß auch: Er hatte dort in den Büschen Sex. Aber eine Vergewaltigung?
Er setzt sich ins Auto und reist quer durch Deutschland, um seine Freunde von damals zu besuchen. Freunde, die er jetzt 30 Jahre nicht gesehen hat.
„Für immer Sommer 90“ heißt der Film von Lars Jessen. Das Besondere: Zwar gab es ein Drehbuch. Das gab aber nur die grobe Geschichte wider. Ansonsten ist improvisiert worden. Dass das funktioniert liegt an so wunderbaren Schauspielerin wie Charly Hübner, Lisa Maria Potthoff, Walfriede Schmitt und anderen.
Genau 30 Jahre nach der eigentlich so lockeren Party, im Sommer 2020, macht sich Andy auf den Weg in seine Vergangenheit. Von allen, die er besucht, muss er sich anhören lassen: Wo warst du die ganze Zeit? Warum hast du dich nie gemeldet? Was haben wir dir angetan?
Höhe- oder Tiefpunkt(!) ist der Besuch bei seinem besten Freund, wo sich die Gegensätze besonders zeigen. Der eine war lange in Bundeswehr-Auslandseinsätzen und ist nun seelisch am Ende – und der andere, der ihn im Stich gelassen hat.
Besonders das letzte Viertel ist packend, weil es zwischen den beiden ehemaligen Freunden auf eine bedrohliche Art knistert, es brodelt regelrecht im Inneren.
Interessant ist zudem, dass der Film, ohne es besonders zu thematisieren, in diesem Sommer 2020 die Coronaregeln zeigt. Weil das eben in diesem Sommer so war und er in diesem Sommer spielt. Ellenbogengruß, keine Umarmungen, die kleinen Unsicherheiten bei Begegnungen…
-> Der Film in der ARD-Mediathek (bis 10. April 2021)
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