Geschichte im Ersten: Stramm rechts im Parlament

MO 14.12.2020 | 23.55 Uhr | Das Erste

Großeinsatz der Polizei in Dortmund. Mit fünf Einsatzwagen rücken die Beamten an. Ein Passant hat eine schlimme Straftat beobachtet und per Telefon die Polizei informiert. Und dann rücken sie an, die Blaulichter.
Was da wohl passiert ist? Ein Raubüberfall? Ein Mord? Eine Schlägerei?
Nein, die Polizei rückt wegen der 75-jährigen Irmela Mensah-Schramm an. An einer Bushaltestelle hat sie sich eine Sprühdose genommen und einen Nazispruch übersprüht.
Die Polizei gerufen hat ein Neonazi – ein Mitglied der Dortmunder Stadtparlaments, der dort für „Die Rechte“ sitzt. Ein Neonazi sorgt also für einen Polizei-Großeinsatz, weil eine Oma dafür sorgt, dass Nazisprüche unsichtbar werden.
Deutschland im Jahr 2020. Kann man sich nicht ausdenken. Ist aber passiert.

Zu sehen war das am (viel zu späten) Montagabend im Ersten. In der Reihe „Geschichte im Ersten“ ging es um die Historie vom stramm Rechten im (west-)deutschen Parlament.
Der Film war Teil eines kleinen Themenpakets, denn direkt davor ging es um Rechtsextreme in der DDR und in Ostdeutschland. Schon das war spannend und bedrückend zugleich, denn die Doku zeigte, dass es auch in der DDR Neonazis gab – und nicht zu knapp. Weil es sie aber nicht geben durfte, gab es sie eben offiziell auch nicht. Gleich nach der Wende erlebten die Rechtsextremen im Osten einen Aufschwung – durch die Hilfe der Neonazis aus dem Westen.

In der zweiten Doku ist die Geschichte dann aus vor allem westdeutscher Sicht erzählt worden. Mit interessanten Erkenntnissen. Dass im Nachkriegsdeutschland Nazis im Parlament saßen, ist nichts Neues. Dass die FDP dafür ein Sammelbecken war, ist dagegen durchaus interessant.

Und dann ist da die Oma, die durch Deutschland reist und alle rechten Hetz-Aufkleber abschabt und entfernt und Nazi-Schmierereien übersprüht. Sie bewegt sich damit in einer rechtlichen Grauzone. Dass sie bei ihren Spaziergängen immer wieder von mutmaßlichen Neonazis „beschattet“ wird, das macht ihr Angst, aber sie will es nicht zeigen. Dieses Engagement, Deutschland vom Nazischeiß säubern zu wollen – das finde ich einfach nur beeindruckend.

-> Die Doku in der ARD-Mediathek (bis 21. Dezember 2020)
Die Doku aus „Ost-Sicht“ in der ARD-Mediathek (bis 14. Dezember 2021)


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Kommentare

4 Antworten zu „Geschichte im Ersten: Stramm rechts im Parlament“

  1. ThomasS

    Kennst du den Film „Führer Ex“ von 2002?
    Da geht es u.a. auch um die Weitlingstraße.
    Dass Ingo Hasselbach, der in der Doku zu sehen ist, die Romanvorlage geschrieben hat, war mir neu. Der ist – ebenso wie die Hauptfigur im Film – in der Stasi-Haft radikalisiert worden.

  2. ThomasS

    An die Republikaner und die DVU kann ich mich auch noch erinnern.
    Beide Parteien sind ja irgendwann in der Bedeutungslosigkteit verschwunden.

  3. RT

    Ja, den kenne ich. Fand ich damals beeindruckend. Meine Oma hatte damals da in der Nähe gewohnt.

    Ja, und dafür sind leider andere Parteien an deren Stelle getreten.

  4. ThomasS

    Ich denke auch, die „4.Welle“ wird etwas länger andauern.
    Und trotzdem ….

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