Verwunschener Ort: Die alte NVA-Kaserne mitten im Wald

Die Bundeswehr räumte das Armeegelände 1991 – heute wirkt es wie ein Freiluftmuseum, das mehr und mehr verfällt

MAZ Oberhavel, 20.10.2020

Beetz.
Nur das Rauschen des Windes. Und das Kreischen der Kraniche, die über das Gelände ziehen. Ansonsten ist es ganz still auf dem ehemaligen Kasernengelände. Mitten im Beetzer Wald gibt es einen verlorenen Ort. Leerstehende Gebäude ohne Fenster, besprühte Wände, Ruinen, Bunker. In einem der Bunker fand erst neulich eine illegale Party statt.

Bis kurz nach der Wende war das alles Sperrgebiet. Dort befand sich die Kaserne der Raketenstellung der Flugabwehr-Raketenabteilung 4124 der damaligen NVA. Im Dezember 1990 gab die Raketenbrigade der Bundeswehr bekannt, bis März 1991 den Standort in Beetz aufzugeben. Was mit dem Gelände passieren sollte, war damals völlig unklar. Die damalige Beetzer Bürgermeisterin Ingeborg Füllert bekundete ihr Interesse am Standort: Sie dachte darüber nach, dort ein Kurhaus oder einen Gewerbepark zu etablieren. Im August 1992 gab es dann plötzlich die Meldung, dass die Kreisverwaltung über ein Asylbewerberheim auf dem dortigen Gelände nachdenkt. Die Bundeswehr legte da jedoch ein Veto ein, da sie dort noch ein Tanklager betrieb.

Und 30 Jahre später? Nichts. Der pure Verfall. Einige Gebäude sind komplett zusammengefallen, andere sind innen vermüllt und besprüht. An vielen Stellen des Geländes, das frei zugänglich ist, liegen bergen von Sperrmüll. Hier und da sind Schilder angebracht: „Lebensgefährliches Bauwerk“.

Ingeborg Füllert betrieb einst mit ihrem Mann die Kantine auf dem Kasernengelände, gleich hinter dem Eingang. „Ich war zuerst bei der HO angestellt, dann wurden wir von der MHO übernommen“, erinnert sie sich. Die HO war die Handelsorganisation der DDR, die MHO die Militärhandelsorganisation. Von 1962 bis zum Ende der Kaserne arbeitete Ingeborg Füllert dort. „Abends kamen meistens die Offiziere. Bevor sie nach Hause gefahren sind, haben sie bei uns meistens noch ein Bierchen getrunken.“ In der Kantine gab es Schnitzel, Bouletten, später auch Kammscheiben mit Zwiebeln und Kartoffelsalat. „Feiern fanden auch statt.“ Ob da jetzt Gefreite, Unteroffiziere oder hochrangige Offiziere vor ihr standen, wusste sie nie so genau. „Ich habe mich damit nie so richtig ausgekannt“, erzählt sie. Sie habe alle gleich behandeln wollen. Später übernahm sie auch die Verkaufsstelle auf dem Gelände.
„Für Beetz war die Kaserne ein wichtiger Faktor“, sagt Peter Winkler, der heutige Ortsvorsteher. Viele Offiziere wohnten im Ort. „Die Bundeswehr hat das dann aber nicht mehr genutzt.“ Als auch der Wachschutz abgezogen worden ist, kamen die Plünderer. Metall verschwand, alles was noch zu gebrauchen war, wurde mitgenommen. „Aber die Unterkünfte sind noch ganz gut erhalten“, so Peter Winkler.

Das Gelände gehört – wie auch der Wald der Beetzer Heide – der DBU Naturerbe. Die Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt hat sich zum Ziel gemacht, das Gelände zu renaturieren. „Das Gelände ist zugänglich, aber verschiedene Gebäude sind gesichert“, sagt Rainer Entrup vom Bundesforstbetrieb Westbrandenburg. Bunker sollen zugemauert werden – eine Sofortmaßnahme nach der Party vom 3./4. Oktober. Die Rückbaumaßnahmen sind allerdings noch Zukunftsmusik, sie sind auch schon seit Jahren im Gespräch. „Das ist ein komplizierter Akt“, sagt Rainer Entrup. Nicht nur wegen der hohen Kosten der vielen Abrissarbeiten, sondern auch wegen der Tiere, die sich inzwischen dort eingelebt haben.


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