deep & deutlich – Eine NDR Talk Show

SA 03.10.2020 | 0.00 Uhr (So.) | NDR

Dass die „NDR Talk Show“ ein bisschen, nun ja, als trutschig und altbacken gilt, ist ja nichts Neues. Dabei stimmt das ja auch nicht bedingt.
Und einerseits wollte man sich beim NDR dann doch ein bisschen mehr verjüngen. Aber andererseits hat man sich dann doch nur ein bisschen getraut. Denn nun gibt es zwar eine junge „NDR Talk Show“, aber es ist dann eben doch keine echte „NDR Talk Show“, und auf dem Sendeplatz der „NDR Talk Show“ läuft diese Sendung erst recht nicht.

Die Premiere von „deep & deutlich – Eine NDR Talk Show“ lief am sehr späten Sonnabendabend. Sie begann um Mitternacht und dauerte bis fast 2 Uhr. Sehen beim NDR sowieso schon kaum junge Leute zu, kann man davon ausgehen, dass in der Nacht zum Sonntag vermutlich so gut wie keine jungen Leute zusehen. Und ob die anvisierte Zielgruppe „deep & deutlich“ in der ARD-Mediathek findet (wenn sie denn überhaupt danach suchen) ist auch alles andere als sicher.

Und, nun gut, als 42-Jähriger muss ich einen Titel wie „deep & deutlich“ ja nicht gut finden. Er wirkt ein bisschen anbiedernd und dadurch auch fast wieder bieder. Aufgezeichnet wird die Sendung im selben Studio wie die eigentliche „NDR Talk Show“, das Setting mit dem Stuhlkreis ist auch derselbe. Dafür sind Moderatoren und Gäste ausschließlich aus der jüngeren Generation, und Clueso ist mit 40 schon der Älteste.
Aminata Belli und MoTrip moderieren, und eigentlich machen sie nicht viel anders als Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt, die ihre Stichworte auf denselben Kärtchen zu stehen haben.

Die Gästeauswahl ist spannend – und überraschend. The Real Life Guys erzählen von ihrem Heimwerker-Youtube-Kanal. Und, Schock: Philipp Mickenbecker, einer der beiden, erzählt, dass er einen Tumor hat und von seinem Arzt kürzlich erfahren hat, dass er noch zwei Wochen bis zwei Monate zu leben habe. Da schluckt man erst mal.
Katja Karavice, die man von freizügigen Clips kennt, berichtete von schweren Zeiten, als ihre Brüder starben und davon, wie sich ihr Vater an einer Freundin verging. Clueso erzählt von der Wendezeit in Erfurt, eine Reporterin von ihrer Recherche auf einem Flüchtlingsboot.
Eine spannende Mischung.

Ob sich junge Leute allerdings eine fast 110 Minuten lange Talkshow ansehen, ist offen. Aber auch die einzelnen Gespräche sind im Netz verfügbar.
Dabei fällt aber dann doch auch auf: Eigentlich hätten diese Gespräche auch in einer normalen „NDR Talk Show“ geführt werden können. Beim NDR sollten sie vielleicht drüber nachdenken, die junge Talk-Ausgabe auf dem Sendeplatz am Freitagabend zu integrieren, vielleicht im vierwöchentlichen Wechsel mit den anderen Moderatoren. Und grundsätzlich ist ja auch die Frage, warum es nicht möglich sein kann, einen Talk generationenübergreifender zu führen. Warum sollte bei den jungen Leute nicht auch ein älterer Gast sitzen? In der normalen „NDR Talk Show“ gibt es ja auch jugendrelevante Gäste.
„deep & deutlich“ ist ein guter Ansatz. Aber mehr Integration in den NDR wäre auch gut.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 2. November 2020)


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