Von wegen Ferien!

Der Unterricht am Hohen Neuendorfer Marie-Curie-Gymnasium geht auch während der Corona-Krise weiter – Unterricht über das Internet

MAZ Oranienburg, 21.3.2020

Hohen Neuendorf.
Nach und nach geht Lehrer Paul Aurin die Liste durch und ruft jeden Namen auf. Anwesenheitskontrolle. Allerdings hebt vor ihm im Klassenraum niemand die Hand. Bis auf den MAZ-Reporter ist nämlich keiner da. Stattdessen sammelt sich seine 11. Klasse in einem Chat im Internet. 20 Schülerinnen und Schüler sind dabei. Weil nicht alle ein Mikrofon haben, wird immer jemand bestimmt, der deren Statusmeldungen vorliest. An diesem Vormittag unterrichtet Paul Aurin Mathematik. Die Jugendlichen können ihren 30-jährigen Lehrer sogar sehen – denn im Videochat kann er alles übertragen, auch, seine Tafelbilder, die er live auf dem Tablet anfertigt.

Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Auch wenn das Hohen Neuendorfer Marie-Curie-Gymnasium an diesem Vormittag leer ist, auch wenn eine fast gespenstische Stille herrscht – es sind keine Ferien. Wegen der Sicherheitsmaßnahmen rund um das Corona-Virus ist der Unterricht an den Schulen ausgesetzt. Das heißt aber nicht, dass kein Unterricht stattfindet. Die Lernenden des Marie-Curie-Gymnasiums haben sogar das volle Programm.
„Es läuft erstaunlich gut“, sagt Schulleiter Thomas Meinecke. Spätestens als Anfang März in anderen Ländern Schulen geschlossen worden sind, wurden auch in Hohen Neuendorf die Pläne für das digitale Lernen zu Hause konkreter. Und die Jugendlichen machen mit – offenbar sogar mit Spaß. Von den 753 Lernenden sind 91,4 Prozent dabei. „Das ist eine gute Quote“, so Thomas Meinecke. Das sei in Grippezeiten ähnlich. Und es werden mehr, denn am Montag beginnt die Digi-Challenge. Die Klasse mit der höchsten Anwesenheitsquote bis zu den Osterferien bekommt 500 Euro für einen Klassenausflug gesponsert. Von den 68 Lehrkräften sind – bis auf zwei Erkrankte – ebenfalls alle dabei.

Der Unterricht funktioniert auf verschiedene Weisen. In einem anderen Raum sitzen Referendar Nils Habedank und Deutschlehrer Attila Wienstrath. Sie verteilen ihre Aufgaben auch über das Internet, wenn auch ohne Videostream. „Zur Not erreichen wir sie auch über den Chat“, so Nils Habedank. „Alle sind sehr aufgeregt.“ Es sei ein anderes Lernen, aber die Lehrer seien baff, wie gut alle mitmachen. Attila Wienstrath war nie ein Verfechter des Unterrichts aus der Ferne. „Aber jetzt hier ist es ein großes Plus.“ Er gibt aber auch zu, dass es ihm nicht übermäßig viel Freude mache. „Weil ich Lehrer bin, um mit den Schülern zusammen zu sein.“

Das Corona-Virus werde vor allem am Anfang der Stunden thematisiert, erklärt Paul Aurin. Kurz geht’s um die Ansprache von Kanzlerin Merkel. Aurin erinnert daran, dass Partys und Treffpunkte draußen zu unterlassen seien – um dann zur Kurvendiskussion zu kommen. Für Paul Aurin ist das eine Zeit der Emotionen. „Es ist eine extrem beunruhigende Zeit und eine extrem spannende Zeit.“ Während draußen viele negative Dinge passieren würden, sehe er die jetzt laufende Phase in der Schule positiv.

Dass es schwierig sei, dass das ganze Unterrichtssystem „My Curie“ über Google laufe, ist Schulleiter Thomas Meinecke bewusst. Man habe lange nachgedacht und probiert, auch ein Rechtsgutachten sei eingeholt worden. Aber es sei kosten-, werbe- und trackingfrei. Die Eltern haben Einverständniserklärungen unterschrieben. Die zwei, die nicht mitmachen, bekommen alles auf Papier.
Seit zwei Jahren ist Thomas Meinecke Schulleiter am Marie-Curie-Gymnasium. „Die Schule sollte digitaler werden“, sagt er. Das sei sein Ziel zu Beginn gewesen. Damals sei darüber geschmunzelt worden. Jetzt müssen es alle durchziehen – und es läuft gut.


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