Eurovision Song Contest 2020: Unser Lied für Rotterdam

DO 27.02.2020 | 21.30 Uhr | one

Bitte, liebe Zuschauer, jetzt halten Sie einfach mal den Mund und staunen Sie, was wir denn da Tolles für Sie ausgewählt haben. Und jetzt finden Sie das bitte gut. Wobei es uns vollkommen wurscht ist, ob Sie das gut finden. Deshalb verstecken wir die Verkündung auch im Spätprogramm unseres kleinen Nischensenders. Wir wollen ja kein Aufsehen erregen. Wir wollen nur gut sein, in Rotterdam. Mit allen Mitteln. Und Sie, liebe Zuschauer, Sie stören da nur.

Ja, so könnte die wahre Ankündigung für „Unser Lied für Rotterdam“ ausgesehen haben.
Deutschland hat einen Interpreten und einen Song für den Eurovision Song Contest 2020 in den Niederlanden. Es ist Ben Dolic mit dem Song „Violent Thing“. Eine gefällige Popnummer, die allerdings nicht sofort ins Ohr geht. Die Melodie ist schwierig, eher kein Ohrwurm.
Aber beim NDR ist man der Meinung, dass das der beste aller Songs sei, den sie in der Auswahl hatten. Nun denn.

Dabei ist dieses Spektakel eigentlich nur das: ein Trauerspiel. Man sieht die Schuld also beim Zuschauer, dass sie nicht in der Lage sind, einen guten Song auszuwählen. Dabei lag es doch einzig und allein daran, dass vielleicht die zur Wahl stehenden Songs mau waren. Wenn der NDR Songs zur Verfügung stellt, dann müssen die doch alle ein Knaller sein. Denn auch 2019 gab es ein großes Auswahlverfahren, das der NDR allerdings selbst torpediert hat, in dem ein Song mit zur Wahl stand, der gar nicht im Verfahren war. Dieser hatte dann die meisten Zuschauerstimmen, und der kackte dann in Tel Aviv ab.
Das Fazit beim NDR: Wir lassen den Pöbel draußen und suchen uns unsere eigene Jury.

Was man in Deutschland immer noch nicht verstanden hat, ist, den ESC zu einem großen Event zu machen. Und zu diesem Event gehört mehr als das Finale am 16. Mai.
Zum Event gehört ein Vorentscheid mit coolen Songs. Das führt dazu, dass der Siegersong am Ende schon im Ohr ist. Man kann ihn ein erstes Mal in die Zuschauerohren hämmern. Ja, das spielt beim ESC keine Rolle, weil wir ja nicht für uns selbst stimmen dürfen. Aber es geht um Identifikation. Immerhin wäre es doch toll, wenn wir selbst unseren Song lieben und für ihn brennen, wenn es dann im Finale um alles geht.

Aber was macht der NDR? Keine Publikumsbeteiligung. Stattdessen wirft man den Fans den Song hin. Und selbst das macht man nicht zur besten Sendezeit im Ersten, sondern am Donnerstag um 21.30 Uhr bei one. In einem Minikino in Hamburg mit Minibühne und nur vor Journalisten. „Unser Lied für Rotterdam“ war eine abgefilmte Pressekonferenz und einfach nur schäbig, dieser Veranstaltung unwürdig.
Es scheint, als wolle man gar keine Aufmerksamkeit, als sei egal, was die Deutschen denken und ob sie den Song überhaupt wahrnehmen.

Es wäre schön, wenn der Eurovision Song Contest in Deutschland mehr zelebriert wird. Dass auch die Halbfinals, in denen wir, wenn wir teilnehmen müssten, sicherlich schon oft rausgeflogen wären, mehr Beachtung bekommen. Dass es im Vorfeld mehr spezielle Sendungen gibt, die auf das Event hinarbeiten. Formate wie der „Songcheck“ gibt es live nur auf Youtube und später im Vormittagsprogramm von one.
Man muss die Fans mehr mitnehmen. Das hat man beim NDR scheinbar immer noch nicht bemerkt.

-> Die Sendung in der ARD-Mediathek (bis 27. März 2020)


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