Überraschungsparty für Familie Glanzer

Nach 23 Jahren schließt das Lokal „Zur Tenne“ in Staffelde – Stammgäste organisieren zum Abschied heimlich ein Fest

MAZ Oberhavel, 27.1.2020

Staffelde.
Eigentlich ging Helmut Glanzer davon aus, dass es ein eher kleiner, gemütlicher Abend wird. Die Staffelder Kellerrunde wollte sich ein letztes Mal im Lokal „Zur Tenne“ treffen. Die Familie Glanzer hatte sich nämlich entschlossen, ihr Lokal zu schließen – am 26. Dezember war der letzte Tag.
Doch die Männer von der Kellerrunde hatten mehr vor – nicht nur einen kleinen Abschiedsabend. Stattdessen sollten sie alle mitfeiern. „So einfach geht das ja nicht“, sagte Ortsvorsteher Heino Hornemann, der zur Kellerrunde gehört. „So einfach können wir sie nicht gehen lassen.“ So bereiteten die Freunde eine Überraschungs- und Abschiedsparty vor. Und so wunderte sich Helmut Glanzer am Freitagabend, als plötzlich weitere Leute auftauchten, die gar nicht zur Kellerrunde gehören. Und noch mehr Leute. Immer mehr. „Ich habe über 50 Leute angerufen“, so Heino Hornemann mit einem Schmunzeln. Da das Lokal ja eigentlich schon geschlossen ist, musste auch noch eingekauft werden. Alles heimlich. Niemand durfte etwas verraten – eine große Geheimaktion. Tatsächlich wusste Helmut Glanzer bis zum letzten Moment nicht, wie ihm geschah.

Entsprechend überrascht und gerührt war Helmut Glanzer. 23 Jahre lang haben er und seine Frau Gudrun sowie mit der Familie das Lokal in Staffelde geführt. „Wir waren total perplex“, erzählte Helmut Glanzer am Freitagabend. „Das war wirklich eine gelungene Überraschung.“ Die Kellerrunde ist ihm damit auch ein wenig zuvorgekommen, wie er sagte. Er habe mit seinen Stammgästen auch noch eine Abschiedsparty geplant.
Ihm selbst falle der Abschied von der „Tenne“ nicht ganz so schwer. „Aber meiner Frau. Zwei Jahre habe ich gebraucht, um sie zu überzeugen“, so Helmut Glanzer. Sie schließen das Lokal nicht, weil es sich finanziell nicht mehr lohnen würde. Sondern „ich werde 72, und meine Frau wird am 8. März 70 Jahre alt.“ Es sei Zeit für den Ruhestand, und Glanzers wollen ihn genießen.
„Wir haben in den 23 Jahren viele Freunde gefunden und so viele Schicksale erlebt“, erzählte Helmut Glanzer. Die Gäste kamen nicht nur aus Schwante und Umgebung. Auch die Autobahn – Stichwort: Stau – brachte auch immer wieder Kunden in den Ort. „Die wollten dann immer ein schönes Bauernfrühstück.“ Immer im August fand auf dem Gelände zudem das Drescherfest statt. Das ist bereits rüber auf das Gelände des Alten Dorfkruges gezogen.

Zu den Gästen am Freitag gehörten auch Dagmar und Michael Pauels, die sich in Staffelde um die Bibliothek kümmern. „Wir haben durch die Gaststätte viele Freundschaften gefunden“, sagte Dagmar Pauels. „Glanzers waren immer nett, es war immer gut.“ Dass nun Schluss ist, finden sie schade, aber angesichts des Alters verständlich. „Aber es ist schade, dass das keiner übernimmt.“
Kremmens Bürgermeister Sebastian Busse lebt in Staffelde, und er gehört zur Kellerrunde, die das Überraschungsfest organisierte. „Als ich 2002 hergezogen bin, war das meine erste Auffangstation. Ich habe hier viele Leute kennengelernt“, erzählte er. Auch er wünscht sich, dass die Tenne nicht lange leer steht. „Als Staffelder wünsche ich mir, dass wieder Leben einzieht, es wäre schade drum.“

Das Haus steht zum Verkauf, samt Gaststätte. Glanzers werden Staffelde aber nicht verlassen, sondern nur auf die andere Straßenseite ziehen. Bislang habe sich aber niemand gefunden, so Helmut Glanzer. „Aber ich habe Verständnis, dass sich die Leute nicht mehr auch sonnabends und sonntags hier hinstellen wollen.“ Er hätte sich sogar vorstellen können, im Hintergrund noch ein bisschen zu helfen. „Die Lage hier ist ja eigentlich gut, wir sind der erste Ort an der Autobahn.“

In einer kleinen Rede an die Überraschungsgäste sagte Helmut Glanzer später: „Ohne meine Familie wäre ich nichts. Und ohne die vielen guten Freunde hier, wäre das alles auch nicht möglich gewesen.“


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