Joker

Eines muss man Warner Bros. lassen: Mit „Joker“ hat das Filmunternehmen seit längerer Zeit mal wieder ein Kino-Event geschaffen. Die Leute sind neugierig gemacht worden auf diesen „Joker“. Die PR-Maschine lief auf Hochtouren. So hieß es, es seien in Aufführungen Leute aus dem Kino gegangen, weil sie es einfach nicht mehr ausgehalten hätten.
Nun ja, vielleicht mussten sie aber auch einfach nur auf’s Klo, oder es war ein bisschen Langeweile dabei.
Was jetzt nicht heißen soll, dass „Joker“ in Wirklichkeit schlecht ist.

Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) hat in kein einfaches Leben. Er schluckt haufenweise Psychopharmaka. Er hat den Reflex, in Stresssituationen unpassenderweise lachen zu müssen. Er neigt zu Depressionen, er ist krank. Zudem kümmert er sich um seine kranke Mutter (Frances Conroy). Er will Stand-Up-Comedian werden, was aber an nicht vorhandenen Gags und seiner Nervosität scheitert. Und er arbeitet bei einer Clownsagentur und ist als solcher als Werbefläche unterwegs – wird während des Jobs aber von Jugendlichen verprügelt.
Als er von seinem Kollegen Randall (Glenn Fleshler) einen Revolver geschenkt bekommt, kann sich Arthur plötzlich wehren: In der U-Bahn erschießt er drei Männer, die ihn hänselten. Arthur ist das egal, er will weiter Stand-Up-Comedian werden und hat dann tatsächlich einen Auftritt. Der ist so ungewöhnlich, dass er in einer bekannten Late-Night-Show gezeigt wird und von Moderator Murray Franklin (Robert De Niro) zerpflückt wird. Arthur will sich das nicht gefallen lassen.

Aus Arthur Fleck wird im Laufe der Zeit der Joker. Regisseur Todd Phillips erzählt in seinem Film, wie es dazu kommt. In der Hauptrolle glänzt Joaquin Phoenix. Er spielt einen Mann, der scheinbar permanent einstecken muss. Der von der Gesellschaft verhöhnt und verstoßen wird. Und der harte Konsequenzen zieht.
Der Film spielt irgendwann in den 80ern in Gotham City, der Comicstadt, die New York sehr ähnelt. Es heißt, die Menschen dort proben den Aufstand. Die Müllabfuhr arbeitet nicht, soziale Leistungen werden gekürzt. Vom Aufstand merkt man allerdings nicht so viel.
Gerade in der ersten Hälfte hat „Joker“ deutliche Längen. Auch wenn Phoenix toll spielt, die Geschichte tritt lange auf der Stelle. Am Ende zieht die Spannung einerseits an, aber andererseits ist das Ende auch nicht sehr überraschend. Der Joker zieht halt das durch, was er vorher sich vorgenommen hat.
Die ganz große Gesellschaftskritik, die „Joker“ teilweise zugeschrieben wird, ist der Film auch nur bedingt. Dazu ist Arthur zu wenig Sympathieträger, was er aber auch nicht sein soll. Es gibt eine Stelle, als Arthur einer Frau lachend einen Zettel zusteckt, der seine Krankheit erklärt. Das tut er später nicht, und ob man den Leuten ihre Irritation vorwerfen kann, ist eine interessante Frage.
„Joker“ ist kein schlechter Film, aber das große Kino-Highlight 2019 nun wirklich nicht.

-> Trailer auf Youtube

Joker
USA 2019, Regie: Todd Phillips
Warner, 122 Minuten, ab 16
6/10


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