Selten ein Blatt vor dem Mund

Merlin Struck ist neues Mitglied im Bötzower Ortsbeirat und mit seinen 20 Jahren der jüngste Kommunalpolitiker in Oberkrämer

MAZ Oberhavel, 22.6.2019

Bötzow.
Nicht immer nur über die junge Generation sprechen, sondern mit ihr. „Das fand ich wichtig“, sagt Merlin Struck. Der 20-Jährige gehört dem neuen Bötzower Ortsbeirat an und ist somit auch der jüngste Kommunalpolitiker in Oberkrämer. „Ich bin ein grundsätzlich interessierter Mensch, und ich stelle mich gern Herausforderungen“, erzählt er.

Er ist Mitglied der SPD, schon seit fünf Jahren. „Das kam recht spontan.“ Er saß gerade im Geschichtsunterricht und registrierte sich online. „Da ging es gerade um die SPD.“ Politik sei in der Familie immer ein Thema gewesen. „Mein Vater ist schon länger politisch aktiv, er hat hier die Freien Wähler mit aufgebaut.“ Wenn Landtagswahlen waren, saß Merlin Struck immer vor dem Fernseher, um die Ergebnisse zu verfolgen. „Damals konnte man sich für die SPD noch freuen.“
Unterm Strich könne er sich aber immer noch mit seiner Partei identifizieren. „Mit Abstrichen“, sagt er. „Ich nehme selten ein Blatt vor den Mund, ich stoße damit nicht immer auf Gegenliebe. Muss ich aber auch nicht.“ In der Kommunalpolitik laufe vieles sowieso anders. „Die Leute sind andere, die Themen sind andere, und die Auswirkungen sind direkt spürbar.“
Die aktuellen Personaldebatten in der Bundes-SPD hält er für falsch, Andrea Nahles sei „nicht unbedingt gut“ gewesen, aber eher Symptom statt Ursache für das aktuelle Problem. „Der Bürger weiß doch kaum noch, was die SPD eigentlich möchte.“ Gegen die Große Koalition hatte Merlin Struck klar Stellung bezogen. „Sicherlich gibt es eine Verantwortung, die man zu übernehmen hat, aber durch eine aufgezwungene Verantwortung kann man auch ins Messer laufen. Die SPD hat sich damit keinen Gefallen getan.“ Dennoch brauche Deutschland die Sozialdemokratie, sagt er.

Als Mitglied im Bötzower Ortsbeirat will er sich aber vor allem auf seinen Ort konzentrieren. Als am Dienstag die konstituierende Sitzung stattfand, betonte Ortsbeiratsmitglied Christian Rogge und später die neue Ortsvorsteherin Mandy Krenz, dass man überparteilich arbeiten wolle. „Dem kann ich nicht zustimmen“, so Merlin Struck. „Grundsätzlich halte ich eine Menge davon, so gut mit denjenigen zusammenzuarbeiten, mit denen es möglich ist – mit gesundem Abstand zur AfD.“ Er werde dort mitmachen, wie es seine Grenzen erlauben. Dass die Ortsvorsteherin ausschließlich mit Stimmen ihrer BfO und der AfD gewählt worden ist, hatte für Diskussionen gesorgt.

Seine Themen für Bötzow: „Der öffentliche Nahverkehr ist ein Dauerbrenner.“ Die Linienführung durch den Ort sei „suboptimal“, die Anbindung an den 824er-Bus schlecht. Es gebe keine wirkliche Verbindung nach Velten, Hennigsdorf oder Oranienburg. „Obwohl Bötzow der größte Ortsteil von Oberkrämer ist.“ Auch fehlende Mietwohnungen seien ein großes Thema. „Ich wohne noch bei meinen Eltern, mit 20 ist das auch nicht schlimm. Aber wenn ich in der Gemeinde verwurzelt bleiben will, dann fehlen einfach die Möglichkeiten, das zu realisieren.“ Zumal der Bedarf eher noch steigen werde.
Auf lange Sicht möchte er auch in die Gemeindevertreterversammlung. „Aber ich will es ruhig angehen, Erfahrungen sammeln.“ Landes- und bundespolitisch habe er wenig Ambitionen.

Sein Abi machte er am Falkenseer Lise-Meitner-Gymnasium. Inzwischen ist er Auszubildender im Rettungsdienst, er hofft bald sein Staatsexamen zu bekommen. „Ich finde Medizin als solches spannend“, sagt er. „Das ist ein Beruf, bei dem ich sagen kann, ich habe was geleistet.“ Und er bekomme auf die Art auch ein Abbild der Gesellschaft zu sehen. „Ich sehe, wer weniger stark vom deutschen Wohlstand profitiert.“ Und man sieht, dass Armut und Krankheit Hand in Hand gehen. Er merke, wo politisch gehandelt werden müsse. „Das ist eine sehr wertvolle Erfahrung.“
Außerdem gehört er zur Bötzower Feuerwehr und ist bei den Maltesern in Berlin, wo er unter anderem große Events absichert. Ansonsten genieße er in Bötzow die Vorzüge des ruhigen Lebens, wie er sagt. „Ich kann mir vorstellen, hier gut zu leben.“


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