„Ich halte mich da jetzt raus“

Bötzows Ortsvorsteher Günter Franke verabschiedet sich nach fast 30 Jahren aus der Kommunalpolitik – und teilt noch mal in alle Richtungen aus

MAZ Oberhavel, 7.6.2019

Bötzow.
Neulich hat er einen Zander gefangen, mehr als dreieinhalb Kilo schwer. „In Dollgow, da angele ich seit 50 Jahren“, erzählt Günter Franke. Er will sich dafür noch mehr Zeit nehmen – nach insgesamt 24 Jahren im Kreistag, nach zweimal zehn Jahren als Bürgermeister und Ortsvorsteher von Bötzow. Er ist jetzt 68, und er macht Schluss mit der Kommunalpolitik.

„Der Entschluss kam vorigen Sommer“, sagt er. Damals habe sein Ortsbeirat gegen einen Bebauungsplan auf dem Gelände einer in Bötzow ansässigen Baustofffirma gestimmt. „Heute zeigt sich: das war ein Fehler. Die Firma macht genauso weiter wie bisher, aber sie dürfen keine Gebäude abreißen. Das Dorf wird dadurch nicht schöner.“
Überhaupt: Vieles, was heute in der Politik geschieht, gefällt ihm nicht mehr. Er spricht vom Niedergang „meiner Volkspartei im Osten“, den Linken. „Es stört mich, wie die Genossen mit ihren Ministern umgehen.“ Er meint Diana Golze und Hellmuth Markov. Christian Görke, linker Finanzminister in Brandenburg, sei ihm dagegen unsympathisch. „Das ist einer von der Sorte Politiker, wie sie überall rumhüpfen.“ Gregor Gysi (Franke: „Der hat uns gerettet“) sei einer der letzten mit Grips und Intellekt.

„Mein Glaube an die parlamentarische Demokratie hält sich in Grenzen“, sagt er. Er befürchtet gar einen Ruin der Demokratie. „Die ist eine schöne Sache, aber wir sind weit entfernt von der Demokratie der Griechen. In Wirklichkeit hat das Volk gar nichts zu sagen.“ Er nennt Stichworte: Dieselskandal, Klimaschutz. Zu letzterem Thema sagt er: „Man kann diese Spirale nicht mehr aufhalten.“ Die Schwelle, bevor man die Entwicklung noch stoppen könne, sei überschritten.

Nach der Kommunalwahl könne er den BfO zwar gratulieren, „aber das ist ein Pyrrhussieg.“ Die Gemeindevertretung, die nun zusammenkomme, sei sich sicherlich nicht mehr so einig wie die vorherige. „Die anderen mucken auf.“ Wer ihm zuhört, weiß: Ihn würde das freuen. Aber auch die eigene Partei in Oberkrämer beobachtet er kritisch: „Sie denken, durch Aktionismus und durch viele Anträge, die da gestellt werden, kann man die Bevölkerung erreichen. Das glaube ich nicht.“ Es komme in der Kommunalpolitik auch weniger auf die Parteien an, „sondern auf die Menschen, die was tun und was bewegen. Das ist auch mein Vorwurf an die BfO. Ihr Wahlspruch war: Wir sind für die Bürger da“, so Franke. Das sei aus seiner Sicht längst nicht immer so. Bei der Pferdesteuer sei man eingeknickt, der Umbau der Turnhalle in Marwitz sei sehr viel teurer geworden. „Es kann keiner sagen, dass keiner wusste, was da los ist.“

Für Bötzow habe er einiges erreichen können, sagt er. „Als ich 1993 angefangen habe, gab es die L 20, die war mit Teer überzogen, und die Dorfaue hatte 100 Jahre altes Pflaster. Wenn Lkw fuhren, zitterten die Häuser.“ Seitdem seien 13,8 Kilometer Straßen in Bötzow befestigt worden. 1994 fand zudem das erste Dorffest statt. „Das ist auch ein Erfolg. Ohne die Unterstützung der Vereine, Feuerwehr, Senioren, Kita, oder Schule kann man das aber gar nicht machen. Auf die alle konnte ich immer vertrauen.“

Er sei eigentlich ganz zufrieden. Wer meint, er wirke verbittert, der irrt. Auch wenn Günter Franke ein bisschen herum poltert und den Politikbetrieb verbal aufmischt – immer wieder lächelt er dabei. „In meinem Alter muss ich mich dem Zirkus nicht mehr unterordnen“, sagt er. Er will mehr angeln. „Das Angeln hat mich gerettet“, sagt er. Da könne er abschalten. Für die Familie sei mehr Zeit. Und er will sich weiter über den Politikverlauf informieren. „Aber ich halte mich jetzt da raus.“


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