Kunst aus dem Wasserturm

Helmuth Strothmann (75) ist Banker und Professor im Ruhestand – er betreibt in Schwante ein Atelier und malt dort abstrakte Kunst

MAZ Oranienburg, 30.3.2019

Schwante.
Wenn Helmuth Strothmann an seiner Staffelei steht und aus dem Fenster blickt, sieht er die Weiten von Schwante. Im Hintergrund den Mühlensee. Der 75-Jährige wohnt mit seiner Frau im Wasserturm am Mühlenweg. Durch die neuen Bewohner verwandelt sich das alte Bauwerk in ein Atelier. „Der Wasserturm ist attraktiv für Künstler“, sagt er. „Ich konnte mir anfangs aber gar nicht vorstellen, wie es innen aussieht.“ Zu seiner Frau hatte er, als sie erstmals davor standen, schon gesagt: „Das wird nie was.“ Aber sie fanden dann, dass er gut eingerichtet sei. Nach der ersten Begehung stand fest: „Ja, das will ich haben.“

In den Räumen hängen viele Bilder. Helmuth Strothmann malt. „Abstrakte Kunst. Ich mache was, aber ich weiß nicht was“, sagt er und schmunzelt. Wenn er loslegt, ist noch unklar, was am Ende dabei rauskommt. meist fängt er mit einer Farbe als Hintergrund an. „Dann überlege ich, was mache ich weiter.“ Dann kommt die nächste Schicht, vielleicht blaue Streifen, ein paar Farbakzente oder Figuren. Grüne Tupfer, die wie Landschaften aussehen. Dazu Silikonkleber, den er auf die Leinwand aufträgt, so dass sich weitere Figuren ergeben.
Wer sich die Bilder ansieht, der wird garantiert Assoziationen haben – aber vermutlich werden sie bei jedem anders ausfallen. Da sieht man eine Wiese im Nebel oder ein Schiff. Alles wird im Ungefähren gehalten, aber genau das scheint der Sinn der Sache zu sein. Meist zeichnet er mit Acryl auf Leinwand. „Ich habe es auch mit Öl versucht, aber das ist mir zu tranig, und es trocknet nie.“ Erst seit zwei Jahren malt er. Die Inspiration dazu kam durch eine Ausstellung, die er besuchte. „Ich habe mir Equipment gekauft und angefangen.“

Helmuth Strothmann ist nicht permanent in Schwante. Seine Frau und er wohnen am Gendarmenmarkt in Berlin, ein Haus am Chiemsee gibt es auch noch. „Schwante erinnert mich an meine Heimat“, sagt er. Er stammt aus dem Münsterland. Nach dem Abitur studierte er Wirtschaftswissenschaften, legte die Diplomprüfung ab und promovierte als wissenschaftlicher Assistent der Universität Münster zum Doktor der Staatswissenschaften. Von 1976 bis 1998 arbeitete er für verschiedene Banken, war Bereichsleiter, Direktor, Vorstandsmitglied, Konzernvorstand. 1999 fing er an, als Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin zu lehren – er leitete bis 2006 den dualen Studiengang „Bank“.
Inzwischen widmet er sich seinem Leben und seiner Kunst. „Es kann auch sein, dass ich hier nur sitze und ein Buch lese“, sagt er. „Ich kann gut nichts tun. Ich hatte nie das Bedürfnis, noch wichtig sein zu müssen“, meint er in Hinblick darauf, dass viele seiner ehemaligen Kollegen im Alter noch in Aufsichtsräten oder Beiräten mitmischen.

In Schwante fühlt er sich sehr wohl. Jetzt, im Frühjahr, will er den Ort noch richtig entdecken. „Außer das Schloss und die Bäckerei, die kenne ich schon“, sagt er und lächelt. Bevor er in Schwante lebte, kannte er die Gegend vom Golfspielen in Wall. „Abends ist es hier dunkel und einsam.“ Obwohl – ganz dunkel ist es nicht, denn nachts wird der Wasserturm mit Licht bestrahlt.
Zum 19. Mai hat er sich ein paar Gäste in den Wasserturm eingeladen, dann will er eine kleine Vernissage veranstalten. Aber es sei auch schon vorgekommen, dass Leute einfach so an seiner Tür klopften.


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